Man kann natรผrlich nicht erst auslรถsen, wenn sich bei einem Gewitter gerade ein Blitz entlรคdt, da das eigentliche Blitzereignis nur etwa 50-100 Millisekunden kurz ist. Den Rest des Effekts erledigt die Trรคgheit unserer Netzhaut im Auge.
Grundeinstellungen
Der Trick ist dabei ganz einfach eine lange Belichtungszeit. Der Verschluss der Kamera ist schon offen, wenn sich ein Blitz entlรคdt. Damit man nicht jede Sekunde neu auslรถsen muss, nutzt man die Langzeitbelichtung. Als Grundeinstellung nehme ich ISO 100, 30 Sekunden Belichtungszeit und Blende f/11. Dazu ein Weitwinkelobjektiv mit 16-20 mm Brennweite.
Damit kann man ab der „Blauen Stunde“ recht gut auf Gewitterjagt gehen. Diese Grundeinstellung ist aber noch von vielen anderen Faktoren abhรคngig: Bei Vollmond kann man eine etwas kleinere Blende nehmen, ebenso bei starkem Umgebungslicht, wie es Straรenlaternen etc. erzeugen.
Stativ verwenden
Natรผrlich muss man bei so langen Einstellungen die Kamera verwacklungsfrei positionieren. Idealerweise hat man dazu ein stabiles Stativ, da ein Gewitter hรคufig auch mit Sturm einhergeht. Im Notfall genรผgt es aber auch, die Kamera auf einer Mauer (z. B. mit einem Bohnensack) zu positionieren.
Fรผr unterwegs ist nach wie vor das Joby Gorillapod meine erste Wahl, mit dem auch dieses Gewitterfoto an einem Strand auf der griechischen Insel Rhodos entstanden ist:
Manuelle Fokussierung
Der Autofokus unserer Kameras lรคsst sich gerne durch vorbeifahrende Autos oder gar den Blitz selbst beeinflussen. Darum ist es wichtig, dass man manuell fokussiert. Dazu kann man entweder ein Objekt in der Ferne zur automatischen Fokussierung nutzen und dann auf die manuelle Scharfstellung umschalten oder รผber die Hilfsfunktionen der jeweiligen Kamera (Vergrรถรerung, Focuspeaking etc.) gleich manuell scharfstellen. Da wir bei der Gewitterfotografie ohnehin meist mehrere tausend Meter Entfernung zum Ereignis haben, kann man auch gleich auf „unendlich“ stellen.
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Streulicht ausschlieรen
Streulicht ist bei diesen langen Belichtungszeiten eine lรคstige Sache und ihr solltet eine Sonnenblende auf dem Objektiv nutzen und darauf achten, dass kein starkes seitliches Licht auf die Frontlinse fรคllt. Bei Spiegelreflexkameras kann รผbrigens auch Licht, das durch den Sucher auf der Rรผckseite einfรคllt, das Ergebnis verschlechtern. Bei vielen Kameras liegt eine Abdeckkappe fรผr den Sucher bei (die wir meistens verschlampen), man kann aber auch einfach ein Tuch รผber die Kamera legen.
Bei spiegellosen Modellen wie der Sony a57, a77 oder den NEX-Modellen ist das systembedingt kein Problem.
Verwacklungsfrei und komfortabel auslรถsen
Das Grundprinzip bei der Gewitterfotografie ist es einfach immer und immer wieder auszulรถsen, sobald die Kamera die maximale Belichtungszeit erreicht hat. Irgendwann geht in Blitz in die Falle. Damit das nicht zur Megaanstrengung wird, ist ein Fernauslรถser sinnvoll. Wer es noch komfortabler haben mรถchte, nimmt einen Intervallauslรถser, der diese Aufgabe ganz von selbst erledigt.
Natรผrlich kann man auch eine der Smartphone-Lรถsungen nutzen.
Brauche ich eine spezielle Kamera?
Nein! Jede Kamera die Langzeitbelichtung beherrscht kann man fรผr die Gewitterfotografie benutzen. Den Fernauslรถser kann auch der Selbstauslรถser (auf 2 Sekunden einstellen) ersetzen und die manuelle Fokussierung beherrschen auch viele aktuelle Kompaktkameras.
Idealerweise hat man natรผrlich eine Kamera mit sehr geringen Bildrauschen und guten manuellen Einstellungsmรถglichkeiten. Wenn man dann noch im RAW-Modus fotografiert, hat man auch in der Nachbearbeitung sehr viel Spielraum und kann Belichtung oder Farbtemperatur nachtrรคglich korrigieren.
Gewitterfotos am Tag
Gewitterfotos am Tag sind schon sehr viel anspruchsvoller, da die Langzeitbelichtung unweigerlich zur รberbelichtung fรผhren wรผrde. Hier gibt es zwei Mรถglichkeiten: Die teure Variante sind spezielle Auslรถser fรผr die Kamera, die direkt auf den Blitz reagieren, sog. Trigger-Traps. Allerdings hรคngt der Erfolg sehr von der Kamera ab, da zwar der Auslรถser schnell genug ist um auf einen Blitz zu reagieren, aber die Kamera evtl. zu langsam, da sie vor dem Auslรถsen ja noch jede Menge Sachen erledigen muss und der Blitz dann vielleicht schon nicht mehr sichtbar ist.
Einfacher geht es mit Neutraldichtefiltern (ND-Filter). Diese grau gefรคrbten Filter vermindern ganz einfach das Licht, das auf den Sensor fรคllt und erlauben somit lรคngere Verschlusszeiten. Mit einem ND-1000 Filter kann man fast 10 Blendenstufen kompensieren und somit auch am Tag lange Belichtungszeiten erreichen. Zusรคtzlich kann man die Blende z. B. auf f/22 einstellen um die Belichtungszeit zusรคtzlich zu verlรคngern. Gunther Wegner hat sich HIER gรผnstige und teure ND-Filter einmal genau angesehen.
Eine sehr gute weitere Mรถglichkeit, ist der SmaTrig, den ich HIER beschrieben habe. Hiermit mรผsst ihr nicht auf den Zufall und Langzeitbelichtung vertrauen, denn der SmaTrig lรถst bei einem Blitzereignis aus.
Und das kรถnnt ihr mit dem SmaTrig erreichen:
Tipps und Tricks
Sobald รผber euch Regen fรคllt, wird es mit den Blitzfotos nicht mehr viel, da der Regen sehr viel Kontrast und Schรคrfe nimmt. Auch muss man immer die Belichtung mit der Dรคmmerung nachziehen, damit auch die Umgebung hell genug aufgenommen wird. Der einfachste Weg dabei ist, die ISO-Empfindlichkeit schrittweise zu erhรถhen. Das Foto ohne Blitz sollte dabei etwas unterbelichtet sein, da die Szene ja dann vom Gewitterblitz zusรคtzlich ausgeleuchtet wird.
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Noch sehr viel komplizierter ist es ein Gewitter aufzuspรผren und sich rechtzeitig in Position zu bringen. Sehr hilfreich ist dabei der „Blitz-Spion“ von Siemens, der Blitze auf einer Karte anzeigt, auf der sich auch deren Ausbreitung und Bewegung erkennen lรคsst. Dieser Service ist unter http://blids.de erreichbar.
UPDATE: Noch viel interessanter und detaillierter ist Lightningmaps.org. Hier seht ihr die Blitze in Echtzeit sowie die Ausbreitung der Schallwellen. Die Prรคzision ist verblรผffend und รผber eine Filmfunktion kรถnnt ihr Voraussagen treffen, in welche Richtung sich das Gewitter bewegt. Zudem gibt es kostenlose Apps fรผr iOS und Android.
Sicherheit
Wenn ihr Gewitter fotografieren mรถchtet, mรผsst ihr unbedingt auf eure Sicherheit achten! Wenn wir mit unserer Ausrรผstung mitten in der Landschaft stehen, sind wir ein ideales Ziel fรผr einen Blitzschlag. Darum solltet ihr euch entweder in entsprechender Entfernung zum Gewitter befinden oder aus einem Haus oder Auto herausfotografieren. Ein Gewitterfoto aus der Entfernung ist ohnehin vielversprechender und attraktiver.
Dass so ein Blitzschlag kein Spaร ist, konnte ich vor ein paar Jahren selbst erleben, als ein Blitz in unser Haus eingeschlagen hat.
Ihr seht also: Gewitterfotos sind keine Geheimwissenschaft und man braucht dazu nur ein Stativ, Langzeitbelichtung und etwas Glรผck. Habt Spaร, aber passt auf euch auf!
Letzte Aktualisierung am 11.07.2025 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Deine Tipps machen mir Mut, es noch mal zu versuchen. Vielen Dank! Du hast es sehr, sehr gut erklรคrt.
Ich habe alle tipps befolgt aber irgendwie werden die bilder nichts… kann das eventuell an der Kamera liegen? Ich benutze die Sony a300
Lg
„die Bilder werden nichts“ ist natรผrlich eine sehr vage Beschreibung. Die Kamera kann wohl zu 99% nichts dafรผr. Vielleicht mรถchtest du das mal nรคher beschreiben? Sind die Bilder unscharf, gar nichts drauf etc. etc.
Die Tipps waren sehr hilfreich. DANKE!!!!!
Danke fรผr die Tipps. Werde mich beim nรคchsten Gewitter mal darin versuchen…
coole seite!
Funktioniert auch super ohne Gewitter, probierts doch mal aus ๐
Hallo Markus,
ein toller Artikel, hรคtte ich ihn nur frรผher gelesen ๐ So habe ich beim letzten Unwetter mit rumspielen an ISO-Werten, Blende, kurzer Belichtungszeit und guten Reflexen wenige brauchbare Bilder gemacht… es geht halt auch einfacher wie ich nun gesehen habe.
Danke!
Deine Anleitungen und Tips sind immer so geschrieben oder im Film erklรคrt das sie gut verstรคndlich sind und nachvollziehbar dafรผr musste es noch mehr als 5 Sterne geben.
Leider habe ich deine Seite erst kรผrzlich gefunden.
Dafรผr vielen dank
Oh, vielen Dank!
Hallo Markus,
guter Artikel und volle Zustimmung, ich habe mich in meinen alalogen Zeiten einmal damit beschรคftigt udn hat mir viel Spaร gemacht. Ergebnis siehe unter http://www.flickr.com/photos/bernhard-schlor/8689224982/in/set-72157633370401168
Als Ergรคnzung: In รsterreich gibt es auch ein Blitzortungssystem, erreichbar unter http://wetter.orf.at/oes/wetterverlauf#blitz
Genau de Frage habe ich mir letzte Woche gestellt, wie man das wohl macht. Danke fรผr die Antwort.
Danke fรผr die Tipps ๐
Leider sind die am Ende genannten Seiten nicht erreichbar: 403 Forbidden ๐ Gibts da noch Alternativen?
Siemens hat wohl ausgerechnet jetzt ein technisches Problem mit der Seite.
Es geht auch mit einer Video-Cam. Dann muss man nur in Einzelbildmodus den richtigen Frame heraussuchen.
Bedankt!