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Wir bekommen einen Glasfaseranschluss. Oder zwei?

Die UGG – Unsere Grรผne Glasfaser – hat mit dem Ausbau in unserem Stรคdtchen Schwarzenbach in Oberfranken begonnen. Aber auch die Telekom den Ort ausbauen.

Wir bekommen einen Glasfaseranschluss. Oder zwei?

In der oberfrรคnkischen Provinz sind schnelle Internetzugรคnge – also das, was man 2024 als schnell bezeichnen wรผrde – noch immer Mangelware. Manche Dรถrfer werden sogar nur per Richtfunk ans Netz angebunden.

Wir haben bisher einen DSL-Anschluss eines regionalen Stromversorgers (KomDSL/Thรผga), der hier maximal 75 Mbit im Downstream liefert. Das ist deutlich mehr, als die 16 Mbit, die die Telekom hier bislang angeboten hat.

Im Mai 2023 wurden wir von der Stadt Schwarzenbach informiert, dass „Unsere Grรผne Glasfaser UGG“ – eine Kooperation von o2 und der Allianz – die Stadt und die umliegenden Dรถrfer mit Glasfaseranschlรผssen versorgen will. Kurz darauf kamen auch schon Mitarbeiter der UGG, um abzufragen, ob man einen Anschluss mรถchte und natรผrlich auch, um gleich Vorvertrรคge mit o2 einzusammeln. Anfang des Jahres fanden wir dann Postkarten der Telekom im Briefkasten: Wir bauen Schwarzenbach mit Glasfaser aus. Bei der Bรผrgerversammlung der Stadt zum Thema Glasfaser im Juni 23 wurde ein solches Szenario als sehr unwahrscheinlich dargestellt. Das war zumindest die Antwort auf meine Frage.

Dann war erst einmal Funkstille, bis letzte Woche in der Nachbarschaft die Bautrupps anrollten. Schnell waren die StraรŸen aufgerissen und das orange Leerrohr fรผr die Glasfasern wurde verlegt.

Einige Wochen vorher klingelten dann auch Vertriebspartner der Telekom an der Tรผr, die uns mitteilten, dass sie zeitnah ebenfalls mit dem Ausbau beginnen wรผrden und ob denn nicht ein Glasfaseranschluss der Telekom-Anschluss interessant wรคre.

Die Situation wird also sein, dass zwei Firmen die StraรŸen im kurzen Abstand aufreiรŸen werden, um ihre eigene Infrastruktur zu vergraben. รœberbauung nennt sich das korrekt. Nach diesem Beitrag der Telekom wรคre der Mehrfachausbau mit Glasfaseranschlรผssen kein Unsinn. Allerdings lassen sich wohl die meisten Interessenten nur einen Anschluss ins Haus legen, ist der Anschluss doch nur kostenlos, wenn man gleich einen Vertrag mit dem entsprechenden Telekommunikationspartner macht. Das ist die Masche, die man รผberall durchzieht.

Zwei nicht kleine Nachbargemeinden von Schwarzenbach, Fรถrbau und Hallerstein, haben kurz nach der Informationsveranstaltung die Mitteilung von der UGG erhalten, dass sie, trotz anderslautender Auskรผnfte, doch keine Glasfaseranschlรผsse erhalten, da dies unwirtschaftlich wรคre (Frankenpost, 28.06.2023). Dabei gibt es dort etliche Neubauten und junge Familien, die sicher nichts gegen schnelleres Internet hรคtten. Wie wichtig das ist, dรผrfte auch dem letzten Neuland-Politiker in der Corona-Krise deutlich geworden sein.

Seit letztem Jahr gibt es eine Monitoringstelle, bei der solche Mehrfachausbauten mit Glasfaser gemeldet werden kรถnnen. Hier rangiert Bayern, Stand 1. August 2024, auf Platz zwei mit 71 Doppelanschlรผssen, was 15 % der Projekte entspricht.

Im Bericht dazu heiรŸt es auch: „Regelungen, die einen Doppelausbau verbieten und so zu neuen lokalen Monopolen fรผhren wรผrden, wรคren europa- und verfassungsrechtlich unzulรคssig.“

Da hรคtte ich einen verwegenen Vorschlag: Warum wird etwas so Wichtiges, wie der Ausbau eines leistungsfรคhigen Datennetzes, privaten Anbietern รผberlassen? Das wรคre eine staatliche Aufgabe.

Ach so: Sichere Brรผcken, StraรŸen ohne Schlaglรถcher und benutzbare Schultoiletten wรคren das ja auch …

In den Kรถpfen der Politiker geht es eben noch bislang nicht zusammen, dass diese „Datenautobahnen“ (wie man es in der Politik so gerne nennt) ebenso wichtig sind, wie richtige Autobahnen.

Der Ausbau durch Bund und Lรคnder wรผrde vermutlich Jahre an Genehmigungsrunden und Planung, Widersprรผche von Anwohnern etc. bedeuten, auch wenn die spรคteren Durchleitungsgebรผhren das hรคtten finanzieren kรถnnten. Man setzt hier aber lieber auf die Privatwirtschaft und streicht die staatlichen Fรถrdermittel fรผr eine so wichtige und ohnehin schon verschlafene InfrastrukturmaรŸnahme lieber zusammen (Netzpolitik.org, 30.07.2024)

So reiรŸt man eben die StraรŸen mehrfach auf, baut Verteiler und Kopfstationen, obwohl schon ein Netz ausgebaut wird. Nachhaltigkeit geht anders und letztlich werden die Kosten fรผr den Ausbau schlecht genutzter FTTH-Anschlรผsse auf die Kunden der Telekommunikationsanbieter abgewรคlzt.

[UPDATE 10.02.2025]

Seit November 2024 ist nun seitens der UGG Funkstille. Ich habe in der letzten Zeit auch keine Fahrzeuge oder Arbeiter der Ausbaufirmen gesehen.

Wir haben uns dazu entschieden, zukรผnftig auf die Telekom zu setzen, die ebenfalls ausbaut, da mir das zukunftstrรคchtiger erscheint.

Eine einfache Mail an die UGG genรผgte, um unseren Antrag erfolgreich zu widerrufen. Eine zweite Mail an o2, dass der Festnetzanschluss nicht mehr benรถtigt wird, da wir uns nicht von der UGG anschlieรŸen lassen, wurde ebenfalls mit einer Stornierung bestรคtigt.

AnschlieรŸend haben wir den Glasfaseranschluss bei der Telekom beauftragt, der auch bestรคtigt wurde. Hier erhรคlt man zumindest Informationen darรผber, wie es mit dem Ausbau weitergeht.

Ich war ziemlich erstaunt, dass die Stornierung des Glasfaseranschlusses bei der UGG und o2 so reibungslos verlief und es drรคngt sich der Verdacht auf, als ob das dem Konsortium gar nicht so unrecht ist.

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