Kabelarbeiten – u-he ACE VST Synthesizer Plugin

Virtuelle Klangerzeuger im VST-Format gibt es zuhauf und mit stetig steigender Rechnerleistung steigt auch die Klangqualitรคt. Wรคhrend viele Hersteller darauf verpicht sind Klassiker wie den Minimoog oder Prophet 5 nachzubauen – oder sie zumindest so aussehen zu lassen – geht u-he’s Mastermind Urs Heckmann andere Wege. Urs sucht sich die besten Features unterschiedlicher Synthesizer zusammen…

Kabelarbeiten – u-he ACE VST Synthesizer Plugin

Auf seiner Internetseite fragt Urs selbst, ob es denn noch einen simplen Synthesizer brรคuchte und in der Menge der VSTi Plugins, scheint diese Frage berechtigt, denn erst einmal ist der u-he ACE „nur“ ein Synthesizer im

Dass Urs Heckmann aber nicht Massenware liefert, hat er u. A. schon mit dem mรคchtigen „Zebra“ gezeigt. Kein geringerer als Filmkomponist und Oscar-Gewinner Hans Zimmer hatte den modularen Zebra als hauptsรคchlichen Klangerzeuger fรผr die Filmmusik von „Batman – The Dark Knight“ auserwรคhlt. Howard Scarr, der auch viele Presets fรผr den Zebra erstellt hat, war bei mehreren Hans Zimmer Produktionen Synth-Programmierer. Der Zebra ist ein unendlich flexibles Biest, das nahezu alle Bereiche synthetischer Klangerzeugung abdecken kann – er erfordert aber auch einiges an Einarbeitung.

u-he ACE VST Synthesizer – Hauptansicht

U-he Synthesizer kommen zwar immer mit jeder Menge Presets und Patches, aber es wรคre mehr als schade, wenn man sie als reine Presetschleuder eingesetzt wรผrde. Ganz nebenbei: Hier sehe ich den eigentlichen Vorteil von Hardware-Synths: Man hatte sich ein solches Ungetรผm fรผr viel Geld gekauft und sich dann wirklich damit auseinander gesetzt. Heute lรคd man sich ein x-beliebiges Plugin, klickt mal die Presets durch und vergisst es schnell wieder, weil das nรคchste Plugin schon installiert ist. Einige Soundschraubereien sind offenbar etwas in Vergessenheit geraden, weil man sich dazu mit der Materie auseinandersetzen muss.

All Cables Anywhere

Das ist der Leitspruch unseres ACE, durch den er auch zu seinem Namen gekommen ist, denn ACE bedeutet nichts anderes als „All Cables Anywhere“. Das erste Missverstรคndnis tut sich aber schon hier auf: Auch ohne jegliches Patchkabel kann man dem ACE jede Menge Sounds entlocken, denn alle Module sind intern schon verschaltet.

Ausstattung

  • 2 x LFO (1 sine, 1 Sinus/Dreieck/Sรคgezahn/Rechteck) 0Hz – 20kHz, LFO1 ist mit Sample&Hold Funktion ausgestattet und kann als Waveshaper verwendet werden. Beide LFO’s kรถnnen auch als Oszillatoren „missbraucht“ werden
  • 2 x ADSR
  • 2 x VCO (Sรคgezahn/PWM) 0Hz – 20kHz, VCO1 zusรคtzlich mit SubOsc
  • 2 x VCF (mit jeweils zwei einstellbaren Ausgรคngen: LP1/LP2/LP3/LP4, HP/BP/BR)
  • 2 x VCA/Pan
  • 2 x Multiples
  • 1 x Mixer (Osc Mix, Sub, Rauschen, Aux)
  • 1 x Ramp Generator (up->hold->down->rest, loops if rest < 100)
  • 1 x Mapping Generator
  • 1 x Rauschen (WeiรŸes und Rosa Rauschen)
  • 1 x gemeinsame Funktionen wie Glide/Glide2
  • 1 x Stereo Chorus (global)
  • 1 x Ping Pong Delay (global)
  • 1 x Bass/Treble Booster (global)

Man muss also keine Strippen ziehen, nur ergeben sich durch die manuelle Verkabelung ungeahnte Mรถglichkeiten.

Dabei muss man drei Dinge verstanden haben:

  • Dunkelgraue Buchsen sind Ausgรคnge, wรคhrend die hellgrauen Buchsen Eingรคnge sind.
  • Ein Ausgang kann auf mehrere Eingรคnge geroutet werden. Ein Eingang kann aber nur ein Eingangssignal oder Kabel erhalten.
  • Wird ein Eingang mit einem Kabel verbunden, wird die Funktion des bezugehรถrigen Reglers durch eine Level-Funktion ersetzt.
Eingรคnge (hellgrau) und Ausgรคnge (dunkelgrau) des u-he ACE

Hat man das einmal verinnerlicht wird schnell klar, was man mit den virtuellen Kabeln beim ACE alles treiben kann. So kรถnnen LFO1 und LFO2 auch als zusรคtzliche Oszillatoren eingesetzt werden, wobei LFO1 selbst als FM-Oszillator dienen kann. Aber auch umgekehrt gehts: Die eigentlichen Oszillatoren kรถnnen auch LFO’s sein.

Virtuelle Patchkabel und das Kontextmenรผ der Eingรคnge

Mit welchem Signal ein Eingang verbunden werden kann erfรคhrt man, wenn man einen Eingang mit der rechten Maustaste anklickt. Hier erscheint ein Kontextmenรผ mit den mรถglichen Quellen, die man dann auch gleich auswรคhlen kann, worauf der ACE eine entsprechende Strippe zieht.

Bedienung und Spezialitรคten

Der ACE ist sehr รผbersichtlich gestaltet. Die Patchkabel sind zwar nicht beweglich wie man es z. B. bei Propellerheads Reason kennt, aber sie lassen sich mit verschiedenen Kabeldurchmessern anzeigen und halbtransparent einstellen. Die Farben der Patchkabel kรถnnen beliebig ausgewรคhlt werden.ย Wie beim Zebra auch, kann man die Darstellung des Synthesizers auch vergrรถรŸern.

Ich bin immer sehr dankbar, wenn ein Plugin-Hersteller seinen Kreationen auch ein Blockschaltbild mitliefert, denn das macht den Signalfluss und die damit verbundenen Mรถglichkeiten sehr viel greifbarer. Dieses Blockschaltbild findet man in der 30 seitigen PDF-Anleitung zum ACE.

Blockschaltbild des u-he ACE

Fรผr das Sounddesign muss man die Hauptdarstellung nicht verlassen. Bei der Einschรคtzung der Sound hilft ein eingebautest Oszilloskop, bei dem man die Zeitkonstante und Amplitude einstellen kann. รœberhaupt gibt es nur 3 unterschiedliche Ansichten beim ACE:

  • Synth: Die Haupansicht mit allen relevanten Parametern und Modulen
  • Tweak: Hier findet man den Mapping Generator, das Stack Voicing und div. Feintuning-Mรถglichkeiten
  • Patch: Die Sound- und Presetverwaltung des ACE, wobei man seine Favoriten und „Mรผll“ markieren kann

Besonders nรผtzlich finde ich das Default-Preset, welches den Synth in der Grundeinstellung startet. Dies ist fรผr mich der ideale Ausgangspunkt fรผr eigene Klangexperimente. Hat man sich mal verzettelt, kann gibt es Undo- und Redo mit unbegrenzten Zurรผck- und Wiederherstellungsschritten.

Besonders interessant ist der Mapping Generator. Damit lassen sich z. B. ein Oszillator je nach gespielter Note anders stimmen oder die Frequenz eines LFO’s je nach Anschlagstรคrke variieren, wobei die Frequenz dann gehalten wird. Allein mit dem Mapping Generator kann man sich Tage lang beschรคftigen: UnregelmรครŸige Modulationen, komplexe Hรผllkurven, andere Modulationseinstellungen bei jedem Anschlag … … … Damit ermรถglicht er auch sehr viel komplexere und lebendigere Sound, als die Ausstattung des ACE beim ersten Blick suggeriert.

Multiples als Mixer, Ringmodulator, Balancer

Aus der Welt echter Modularsynthesizer entliehen, scheinen die Multiples-Module. Diese lassen sich als Signalmischer, aber auch als Ringmodulator oder zur Amplitudenmodulation nutzen.

Der Mapping Generator des ACE (Mitte unten)

Bis zu acht Instanzen eines Sounds lassen sich per „Stacked Voice Tuning“ รผbereinander schichten und einzeln (ver-)stimmen. Das ergibt superfette und volle Sounds, zieht aber auch krรคftig an der CPU. Apropos CPU …

Die Performance

Urs hat bei der Programmierung des ACE aus den Vollen geschรถpft. Die extrem gute Soundqualitรคt ergibt sich durch eine nicht zimperliche CPU-Auslastung. Diese lรคsst sich aber unter „Tweak“ verringern, indem man die Qualitรคt der Klangerzeugung zwischen „accurate“ (hรถchste Qualitรคt und CPU Last) und „draft“ (geringere Qualitรคt und CPU Last) in 4 Stufen variiert. Die Qualitรคtsunterschiede sind hรถrbar, aber nicht dramatisch. Ebenso kann man sich entscheiden, wieviele Stimmen der u-he ACE erzeugen kann (few, medium, many).

Beim Einsatz in der DAW kann man ja die entsprechende Spur bei hรถchster Qualitรคt „freezen“ und hat dann wieder Ressourcen frei.

Sound, Sound, Sound !

Alleine die Grundkonfiguration ermรถglich jede Menge Sounds. Richtig SpaรŸ macht es aber dann, wenn die „Strippen“ ins Spiel kommen, denn dann wird aus dem, im besten Sinn „klassischen“ Synthesizer, ein Soundmonster, das auch modulierende Soundscapes beherrscht.

ACE Sounddemo:

Auch wenn der ACE nur mit einigen Modulationseffekten sowie einem Delay und einem 2-fach EQ ausgestattet ist, sind die mรถglichen Sound sehr voll. Hier hรถrt man nicht รผblichen, mit Effektkleister zugeschmierten „Ich-klick-mal-die-Presets-durch-Sounds“. Seine Stรคrke sind handfeste Klรคnge, die sich gut durchsetzen und in den Mix einfรผgen. Gezielte Equalizer-Bearbeitung ist ohnehin eher im Mix und damit der DAW sinnvoll und Reverb etc. lรคsst sich ja auch mit anderen Mitteln hinzufรผgen, zumal u-he mit den UHBIK Plugins eine sehr schรถnes Set an Effekten anbietet. Die UHBIK Effekte sind meiner Ansicht nach die ideale Ergรคnzung zum ACE.

Was mich am ACE begeistert ist, dass man viele klassische Sounds sehr schnell nachbauen kann und diese auch noch sehr druckvoll und authentisch klingen. In den hรถheren Qualitรคtseinstellungen erkenne ich keine VA-typischen Artefakte oder das typische „schwurbeln“ im oberen Frequenzbereich. Die Filter klingen sehr gut und die Hรผllkurven machen nicht „schwupp“, sondern „knack“, will sagen: Sie sind sehr schnell.

Einige kostenlose Presets fรผr den u-he ACE, die ich beim Test erstellt habe und die auch im Sounddemo zu hรถren sind, kannst Du dir hier herunterladen:ย Free u-he ACE Patches (ZIP, 35kb)

Das gefรคllt mir gut

  • Sound, Sound, Sound – fett, flexibel, breit oder brachial
  • hochwertige Filter und schnelle Hรผllkurven
  • Flexibler, als die Daten und der erste Blick suggerieren
  • Sehr interessante Modulations- und Routingmรถglichkeiten
  • รผbersichtliche Oberflรคche
  • Gute Preset-Verwaltung mit Favoriten
  • Preis (69,00 โ‚ฌ)

Das gefรคllt mir nicht so

  • kein Nachteil, aber die Bedienung und das Routing erfordern natรผrlich eine gewisse Einarbeitung
  • CPU Last kann bei bester Qualitรคt und vielen Stimmen sehr hoch werden.
  • ein einfacher Arpeggiator wรคre ganz nett

Fazit

Der u-he ACE braucht seine Daseinsberechtigung nicht anzweifeln lassen. Wenn man sich mit dem Synth etwas ausfรผhrlicher beschรคftigt merkt man vielleicht, dass einem genau dieser noch gefehlt hat. Einfache Brot und Butter Sound sind ebenso mรถglich wie wabernde Soundflรคchen. Die halbmodulare Architektur ermรถglicht ungewรถhnliche Kombinationen der verschiedenen Module und Funktionen wie den Mapping Generator oder die Multiples findet man nicht bei jedem Synth. Die Filter sind u-he typisch auf hรถchstem Niveau und die Hรผllkurven wirklich schnell.

Die CPU-Last kann hรถher werden, lรคsst sich aber mit der Qualitรคtseinstellung bremsen und ist auch fรผr halbwegs aktuelle Systeme kein Problem.

Wer auf die nachgeahmte Optik eine Synthi-Klassikers verzichten kann und lieber einen flexiblen „Analog“ -Synthesizer mรถchte, der auch klassische Sounds drauf hat, ist mit dem u-he ACE mehr als gut beraten. Der aufgerufene Preis von 69,00 โ‚ฌ ist schon fast lรคcherlich gรผnstig.

[4 Flammen 4f=““]

Eine Antwort zu „Kabelarbeiten – u-he ACE VST Synthesizer Plugin“

  1. jochen

    sehr geilo denn bekommt ma sinnvoll was erklรคrt …ober geile nr …der ace wird immer mehr mein persรถnliches liblings synth ๐Ÿ˜‰