Die britische Firma Aston ist ein relativ neuer Anbieter von Mikrofonen, der mit dem Stealth und Spirit bereits viele Lorbeeren einheimsen konnte. Der neuste Vertreter ist das Aston Element, das in Zusammenarbeit mit der Audio-Community entstanden ist. 18 Monate Entwicklung und 3 Monate รถffentlicher Tests flossen in das Produkt ein. Herausgekommen ist ein Mikrofon, das in vielerlei Hinsicht ganz anders ist, als die meisten Mikrofone auf dem Markt. Ich habe es getestet.
Design und Technik
Am auffรคlligsten ist das Design des Mikrofons. Der erste Eindruck war auch bei mir, dass sich mein Vater mit etwas optisch sehr รhnlichem immer rasiert hat. Tatsรคchlich sieht der matte Grill ein wenig nach Elektrorasierer aus, was aber tatsรคchlich auch klanglich zum Tragen kommen soll.

Das Mikrofon ist recht bullig und mit 58 mm Durchmesser und 163 mm Lรคnge ist es grรถรer, als die meisten Abbildungen vermuten lassen. Glรผcklicherweise bringt es aber nur 275 Gramm auf die Waage und man ist etwas รผberrascht, wenn man es zum ersten Mal aus der Verpackung nimmt. Damit lรคsst es sich aber einfach und stabil positionieren und erfordert keine besonders stabilen Mikrofonarme oder Stative. Das matte schwarze Finish ist sauber und insgesamt macht das Mikrofon einen sehr stabilen und gut verarbeiteten Eindruck.

Das kann man vom mitgelieferten Shockmount leider nicht ganz behaupten. Er besteht aus Kunststoff und muss seitlich in die vorgesehenen Schlitze im Mikrofon eingeklickt werden, damit das Aston auch darin hรคlt. Seine Aufgabe als Vibrationsschutz erfรผllt diese Spinne zwar, aber nur, bis der Plopp-Filter ins Spiel kommt. Rycote macht solche Shockmounts aus Kunststoff deutlich besser.

Dieser besteht aus einem Metallgitter und sieht sehr edel aus. Auch er erfรผllt fรผr sich alleine seinen Zweck sehr gut. Angebracht wird der Filter magnetisch direkt รผber dem lila beleuchteten Aston-Logo, was an sich eine sehr clevere Lรถsung ist. Leider stรถรt der Plopp-Filter aber an der Spinne an und kann so Stรถrgerรคusche verursachen. Einzig bei der leicht nach vorne hรคngenden Ausrichtung bleiben 2-3 mm Platz zwischen Filter und Spinne. Zudem verursacht die magnetische Halterung Spuren auf dem Mikrofon, sodass hier vermutlich nach einiger Zeit die Farbe abgehen dรผrfte. Das sollte Aston auf jeden Fall beheben. Selbst auf den offiziellen Bildern von Aston kann man erkennen, dass der Filter die Spinne berรผhrt.
Das Aston Element ist ein dynamisches Mikrofon mit Tauchspule. Man kann es damit eher mit bekannten Vertretern wie dem Shure SM7, Rode Procaster oder Electro Voice RE-20 vergleichen, die auch eher im Studio- und Broadcast-Bereich anzufinden sind. Die Membran des Aston Element ist 1,5 Zoll groร, aber deutlich leichter, als die herkรถmmlicher dynamischer Mikrofone. Laut Aston kommen besonders starke Magneten zu Einsatz, wodurch weniger Kupferwindungen fรผr die Spule des Mikrofons erforderlich sind, was wiederum zu einer leichteren Membran fรผhrt.
Durch den eingebauten Preamp benรถtigt das Aston Element keinen besonders Gain-starken Preamp, was hรคufig ein Kritikpunkt bei etwa dem SM7 ist, dafรผr aber natรผrlich Phantom-Speisung mit 48 Volt. Liegt diese an, ist das Aston Logo auf der Vorderseite dezent lila beleuchtet.

Es gibt keinerlei Schalter fรผr Pad oder Hochpassfilter. Dazu aber spรคter mehr. Das Polardiagramm zeigt eine recht enge Nieren-Charakteristik mit relativ geringer Empfindlichkeit von der Seite und Rรผckseite, was Raumanteile aus diesen Richtungen reduziert. Dies zeigte sich auch im Test.
Das Aston Element im Test
Zuerst fรคllt auf, wie leise das Mikrofon hinsichtlich Eigenrauschen ist. Aston gibt es mit rekordverdรคchtigen 3,8 dBA (A-gewichtet) an und tatsรคchlich ist es das nebengerรคuschรคrmste Mikrofon, das ich bislang gehรถrt habe. Die Empfindlichkeit liegt bei 12 mV/Pa. Im Vergleich dazu liegt ein Shure SM7 bei einem Zehntel, nรคmlich 1,12 mV/Pa (Quelle).
Ich habe das Aston Element beim ersten Test auf einem Schwanenhals von Gravity montiert, da ich diese Lรถsung fรผr Podcast, E-Learning und andere Voiceover Geschichten vor dem Bildschirm sehr viel lieber mag als herkรถmmliche Mikrofonarme.
Angeschlossen habe ich es zunรคchst an meinem treuen Mindprint Trio Preamp. Phantomspeisung an, Low-Cut aus, eingepegelt, eine Spur in Reaper angelegt und ein paar Sprechproben aus etwa 15 cm Abstand gemacht. Beim Abhรถren der Spur war ich erst einmal geschockt – und das nicht im positiven Sinne! Was ist das? Das klingt unheimlich dumpf und basslastig!
Das Aston Element hat im Vergleich mit meinen anderen Mikrofonen (ich habe derzeit 35 Stรผck im Regal) ein geradezu obszรถnes Low-End und schon bei diesem recht groรem Abstand extrem starken Nahbesprechungseffekt. Geht man auf 25 bis 30 Zentimenter Abstand zur Kapsel, รคndert sich das stark und der Sound klingt sehr viel ausgewogener, was aber wiederum mehr unerwรผnschten Raumanteil mit sich bringt.
Ich wollte es schon wieder enttรคuscht einpacken habe dann aber mal einen Low-Cut-Filter in Reaper ins Spiel gebracht und siehe da: Auf einmal klingt das Aston Element richtig gut. Dabei habe ich den Low-Cut deutlich hรถher angesetzt, als man es รผblicherweise bei Mรคnnerstimmen kennt. Statt 80 Hz mit 12 dB/Okt. lag ich bei 100 – 130 Hz. Hier wรคre ein schaltbarer Low-Cut-Filter am Mikrofon sehr wรผnschenswert gewesen, da dieses Mikrofon ihn besonders gut gebrauchen kรถnnte.

Damit zeigt das Element einen sehr ausgewogen mit einem Top-End, das man so eigentlich nur von Groรmembran-Kondensatormikrofonen kennt. Trotz der leichten Anhebung bei 7 kHz und der leichten Absenkung bei 5 kHz hat man nicht die typischen nervigen Hรถhen gรผnstiger Kondensatormikrofone. Das Aston Element klingt warm, voll und einfach „schรถn“. Grundsรคtzlich ist es auch eine gute Sache, wenn man Frequenzen absenken muss anstatt sie mit einem EQ anheben zu mรผssen, da dies mit weniger Nebeneffekten einhergeht. Der Bassbereich geht praktisch linear bis etwa 40 Hz und am oberen Ende geht der Frequenzbereich weiter รผber den anderer Tauchspulenmikrofone hinaus.
Hier sind einige Klangbeispiele mit unterschiedlichen Einstellungen. Die Aufnahmen habe ich im akustisch optimierten Bereich meines Homestudios gemacht und auf -23 dB LUFS gebracht.

Auรerdem habe ich das Aston Element mit einigen meiner Mikrofone verglichen: Rode Procaster, Sennheiser MK 4, Rode M3, Shure SM57 und Studio Projects CS5 (eines meiner Lieblingsmikrofone). Zusรคtzlich waren noch ein sehr preiswertes dynamische Handmikro fรผr unter 15 Euro sowie das Behringer B1 dabei.
Die Beispiele geben einen recht guten รberblick รผber die Bandbreite an Soundcharakteren bei Mikrofonen in der Preisklasse bis 500 Euro.
Eindruck und Fazit
Das Aston Elements ist ein besonderes Mikrofon. Das beginnt bei der sehr individuellen Optik und endet beim absolut auรergewรถhnlichen Sound. Durch die starke Ausprรคgung im Bass-Bereich, ist es kein Mikrofon, das man einfach so aufstellen und nutzen kann – zumindest nicht in Rรคumen ohne besondere Akustikmaรnahmen – da durch den hรถheren Abstand mehr Rauminformation aufgenommen wird.
Gรถnnt man dem Element einen Hochpassfilter – entweder im Preamp oder in der Nachbearbeitung – erhรคlt man einen sehr angenehmen, runden Sound, der gerade fรผr Sprachaufnahmen sehr intim um professionell klingt. Viele Podcaster dรผrften genau nach diesem „Radiosound“ suchen. Mit abgesenktem Bassbereich kann man dann auch nรคher an das Mikrofon und eliminiert damit auch Raumhall und Nebengerรคusche.
Fรผr 179 Euro ist das Aston Element ein gutes Angebot fรผr Anwender, die nach einem vollen warmen Sound suchen und etwas Wissen in der Klangbearbeitung haben. Es ist vor allem ein Mikrofon, das sich in dieser Preisklasse und auch in der nรคchsten bei 500 Euro nicht zu verstecken braucht. Fรผr viele kรถnnte das Aston Element genau den Sound bringen, den sie eigentlich von Kondensatormikrofonen in dieser Preisklasse erwartet hรคtten. Es ist kein Mikrofon, das man anstecken und vergessen kann. Es bedarf entweder eines Abstands von mind. 30 Zentimetern und damit einen Raum, der das akustisch auch erlaubt oder einen Hochpassfilter, der nicht zu tief angesetzt werden sollte. Es ist kein Mikrofon, dessen Signal man sofort verwenden kann.
Der einzige Wermutstropfen ist derzeit die Mikrofonspinne im Zusammenhang mit dem Plopp-Filter. Hier fehlen einfach ein paar Millimeter mehr Abstand und es besteht die Gefahr, das bei leichter Erschรผtterung Klappergerรคusche entstehen. Ein bisschen Schaumstoff zwischen Filter und Spinne schafft hier Abhilfe. Das sieht aber nicht schรถn aus und muss nicht sein.
Letzte Aktualisierung am 15.07.2025 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
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