Wie komplex darf ein Smarthome sein?
Mal ehrlich: Die Faszination für die Möglichkeiten eines Smarthomes wird meistens von männlichen Hausbewohnern geteilt. Zwar wohnen in unserem Haus zwei Nerds, aber vorantrieben wurde das Thema von mir. Daher ist es wichtig, wesentliche Wünsche und Funktionen gemeinsam zu besprechen.
Die Gebäudeautomation als Rückgrat des Smarthomes
Das Rückgrat unseres Smarthomes ist eine Gebäudeautomation von LCN Issendorff. Warum wir dieses System statt Loxone, KNX, Homematic & Co. gewählt haben, habe ich hier ausführlich beschrieben.
Die LCN-Gebäudesteuerung liefert die Aktoren und Sensoren für die grundlegenden Aufgaben: Licht schalten, Temperaturen erfassen, Jalousien und Rollläden steuern etc. Die schicken LCN-Glastaster erfüllen dabei eher Zusatzfunktionen, da wir z. B. das Licht per Präsenzmelder und Lichtszenen steuern. Auch Amazon Alexa bietet bei uns vielfältige Steuerungsmöglichkeiten, sodass Lichtschalter bei uns fast nie benötigt werden.
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Das LCN-System arbeitet, einmal parametriert, vollständig autark und ohne extra Server oder Zentrale. Damit sind die wesentlichen Funktionen einer Elektroinstallation gegeben, ohne dass man sich um Updates, Server oder sonstige komplizierte Technik kümmern müsste (wenn man keine Änderungen in der Programmierung vornehmen will). Möchte man etwas mehr Komfort und eine Visualisierung, kann man auf die LCN-GVShome zurückgreifen, die es als fertige Box gibt – samt Unterstützung durch den Hersteller und Partnerbetriebe.
Vernetzung – Stufe 2 des Smarthomes
Damit das Home wirklich smart wird, müssen sich alle IoT-Geräte unterhalten können – auch mit der Gebäudesteuerung. Dazu bedarf es eines Vermittlers, der alle wesentlichen Protokolle und Standards versteht und verbinden kann.
Bei uns ist es Symcon, eine kommerzielle Lösung mit sehr gutem Support und einer tollen (deutschsprachigen) Community. Symcon bietet Schnittstellen zu allen bekannten und auch vielen speziellen Geräten und Protokollen. So kann man darüber den Ladezustand unseres Teslas per Amazon Alexa abfragen oder per App die Pumpe im Regenfass schalten, die an einem LCN-Relais hängt.
Nach anfänglicher Neigung zu OpenHAB, bin ich recht schnell davon abgekommen, da es noch komplexer als Symcon ist, aber trotzdem nicht wesentlich bessere Funktionen bietet. Außerdem ist die Unterstützung von LCN durch Symcon deutlich besser.
Ab hier benötigt man aber einen Server, auf dem Symcon laufen kann. Mit der Symbox bietet Symcon eine fertige Lösung an. Man kann Symcon aber auch auf einem Raspberry Pi, einem beliebigen Linux-Rechner oder unter Windows mit einem stromsparenden Intel NUC betreiben.
An dieser Stelle kommt nun aber auch mehr Wartungsaufwand und technischer Sachverstand ins Spiel. Symcon muss selbst konfiguriert werden (auch wenn es hier mittlerweile einige Elektroinstallateure gibt, die hier fit sind – besonders aus dem Lager der LCN-Partner). Richtig interessant wird das allerdings nur, wenn mal selbst neue Funktionen erstellen kann. Man muss sich um Updates kümmern und manchmal hakt auch etwas und man muss sich auf Fehlersuche begeben.
Wer versteht das Smarthome außer mir selbst?
Ab jetzt dürfte klar sein, dass man damit eine regelmäßige Aufgabe mehr hat, die nicht so leicht auf jemand anderen Übertragbar ist. Das gilt besonders dann, wenn nun auch der AV-Receiver, die PV-Anlage, Philips Hue, Alexa, selbst-flashte ESP8266 Steckdosen und der Google Kalender miteinander unterhalten.
Man muss sich auch darüber Gedanken machen, welchen Mehrwert eine solche Vernetzung wirklich bringt. Nützt es mir im Alltag oder ist es eine reine Spielerei? Haben auch die anderen Mitbewohner etwas davon oder ist es mein eigenes Hobby?
Wenn die Türklingel die Kamera der Sprechanlage auf den Fernseher gibt, eine Telegram Nachricht mit dem Bild schickt, und der Fernseher sich dann wieder automatisch ausschaltet, findet das auch Frau Nachbelichtet toll. Es ist aber keine wirklich notwendige Funktion. Der technische Aufwand dahinter ist jedoch nicht unerheblich. Viele der Daten sehe nur ich an, wobei etwa die Aufzeichnung der Raumtemperaturen, Außentemperatur sowie der Heizkreis- und Brauchwassertemperaturen und die daraus resultierenden Schlüsse, zu 1/3 weniger Gasverbrauch geführt haben. Ohne ein Smarthome wäre das praktisch nicht machbar gewesen.
Am wichtigsten ist aber: Hängen wesentliche und unverzichtbare Funktionen im Haus davon ab, dass sich regelmäßig jemand darum kümmert und wer kann für den stabilen Betrieb sorgen, wenn man es selbst nicht (mehr) kann? Habe ich alles so dokumentiert, dass auch andere es verstehen und damit arbeiten könnten?
Wenn man darauf keine Antwort hat, sollte man die Planung überdenken, vereinfachen und dafür sorgen, dass das Smarthome auch ohne technische Zuwendung über lange Zeit nutzbar ist und zu prüfen, ob in der Region professioneller Service angeboten wird, wenn doch etwas nicht mehr funktioniert.
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Nach mehreren familiären Erfahrungen kommt für mich eine weitere Überlegung hinzu. Was macht meine Frau mit der vielen Technik, wenn ich schlagartig wegfalle?
Die Überlegung hat viele Gründe und Folgen. Wir leben seit 11 Jahren in einem SmartHomeLight und rein wirtschaftlich hat es sich rentiert und den Komfortgewinn möchte kein Bewohner missen. In 11 Jahren wurde ein Leuchtkörper gewechselt (30€) und eine Zentraleinheit getauscht (150€). Viel Wartung steckt nicht drin und meist nur nach Bedarf durch Raumnutzungsanpassungen, die ohne Smart aufwändiger gewesen wären.
Dennoch möchte ich nicht wissen, wie es ohne mich weitergeht.
Das ist genau der Denkanstoß, den ich in diesem Beitrag gebe. Letztes Jahr ist mein Vater überraschend verstorben. Er war auch sehr technikbegeistert und plötzlich musste ich mich erst einmal im Haus meiner Eltern mit der Heizungssteuerung und diversen anderen Dingen auseinandersetzen, damit es meine Mutter weiterhin warm und sicher hat.