Die meisten Computermusiker kennen wohl die Masteringsuite Ozone von Izotope – ein Komplettpaket fรผr das Mastering im PC, welche soeben รผbrigens in der Version Ozone 5 erschienen ist.
Alloy ist hingegen ein Channelstrip, der Soundveredler und Problemlรถser in jedem Kanal sein kann, aber einige Funktionen und Bedienkonzepte von Ozone geerbt hat. Alloy bietet 6 Module unter einer Haube. Ein Equalizer, Exciter, Kompressoren, Deesser, Transientshaper und ein Limiter bieten alle Funktionen, die man fรผr die Klangbearbeitung benรถtigt. Dabei lรคsst sich die Reihenfolge der Effekte durch Drag and Drop an bestimmten Stellen in der Signalkette verรคndern und anpassen.

Auch 2011 ist es noch nicht selbstverstรคndlich, dass Plugins auch in einer 64bit Version angeboten werden. Den Alloy gibt es in 32 und 64bit fรผr PC und Mac in den Formaten Protools RTAS und AudioSuite, AU, DirectX und als MAS Plugin fรผr den Motu Digital Performer.
Dynamisch geht’s zu
Der Equalizer hat 8 vollparametrische Bรคnder mit Hoch- und Tiefpass, Glockencharakteristik sowie High- und Lowshelf. Der Hoch- und Tiefpass kann dabei bis zu 48 dB Flankensteilheit haben. Der Equalizer orientiert sich dabei an analogen Vorbildern, was fรผr Tracking und Mixing auch durchaus wรผnschenswert ist.
Der Equalizer arbeitet sehr detailliert, lรคsst sich sehr angenehm per Maus und Mausrad bedienen und klingt auch im Hรถhenbereich sehr fein und unaufdringlich.
Der Limiter ist nicht sehr aufwรคndig parametrisiert, leistet aber gerade bei stark perkussiven Signalen gute Dienste und kann einen sehr dynamisch gespielten Bass gut in die Schranken weisen.

Die Dynamiksektion ist gleich doppelt ausgefรผhrt und kann entweder als normaler Kompressor, aber auch als Multibandkompressor mit drei Bรคndern ihren Dienst verrichten. Die Module kรถnnen parallel oder seriell verschaltet werden. Im Parallelmodus sind die รbergangsfrequenzen der Multibandkompressoren beider Sektionen verbunden, um Phasenprobleme etc. zu vermeiden. Die reinen Kompressoreinstellungen kรถnnen dann natรผrlich fรผr jeden Kompressor individuell eingestellt werden.ย Sind die Sektionen in Serie, lassen sich alle Bรคnder unabhรคngig einstellen.
Der Digitalmodus der Kompressoren geht sehr analytisch zu Sache, wรคhrend der Vintage-Modus den Klang deutlich fรคrben kann. Eine Soft- und Hardknee sowie RMS-Option erweitert die Mรถglichkeiten der Kompressoren enorm. รberhaupt kann man mit den Dynamics des Alloy die typischen Merkmale bekannter Kompressoren realisieren. Dabei helfen pfeilschnelle Attackzeiten von 10 us und Releasewerte von 1 ms bis 5 Sekunden.
Natรผrlich ist der Kompressor auch Sidechaining-fรคhig. Komplettiert wird die Dynamikabteilung mit einem Expander/Noisegate.
Transienten und Fffffssss
Der Transienten Shaper kann den Attack einer Snare, einer Kickdrum aber auch die Anschlagsgerรคusche einer Akustikgitarre betonen oder verringern. Beim Anheben klappt das auch sehr gut. Die Verlรคngerung des Sustains, also der Ausklingzeit, ist nicht unbedingt die Stรคrke des Alloy Transient Shapers. Allerdings ist der Multibandmodus ziemlich einzigartig und lรคsst sehr differenzierte Bearbeitungen zu.

Sehr รผberzeugen kann der Deesser des Channelstrips. Schon im Singleband-Modus lรคsst sich dieser sehr gut einsetzen. Richtig gut wird es aber, wenn man ihn im Multibandmodus einstellt. Damit kann man wirklich gezielt die Zischlaute unterdrรผcken, ohne dass dabei andere Frequenzen in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber nicht nur fรผr die Stimmbearbeitung eignet sich der Deesser des Alloy. Auch zu prรคgnante Becken lassen sich damit zรคhmen.
Glanz- und Knurrmeister – der Exciter
Mein absoluter Liebling unter den Modulen des Alloy ist aber der Exciter, wobei die Bezeichnung manchen vielleicht etwas abschrecken kรถnnte. Der berรผhmteste Vertreter seiner Art ist wohl der Aphex Aural Exciter, welcher in den Siebzigern und Achzigern in vielen Produktionen eingesetzt wurde, vornehmlich um wieder mehr Glanz in die Aufnahme zu bekommen. Mit der digitalen Aufnahmetechnik mangelt es selten an Hรถhenreichtum, wohl ist aber eine gewisse ยปanaloge Wรคrmeยซ gefordert – auch wenn ich noch immer nicht so genau weiร, was man damit sagen will.

Wรผrde man den Exciter des Alloy eher ยปSaturatorยซ oder ยปTapesimulatorยซ nenne, wรคren viele sicher hellhรถriger. Der Exciter ist eine der besten und flexibelsten Sรคttigungsstufen und Verzerrer, die ich jemals auf digitaler Ebene gehรถrt habe. Das Ding macht einen so schรถnen Schimmer in zu matt geratene Akustikgitarren und knurrt wie der Teufel bei zu braven E-Bรคssen. Die Geschmacksrichtungen gehen vom knurrigen Tube รผber subtile Tapesรคttigung und harschem Transistorzerren bis hin zum typischen Exciter Effekt.
Izotope Alloy Sample File: Kickdrum by nachbelichtet
Izotope Alloy Sound Sample: Drum room by nachbelichtet
Ohne Fleiร kein Preis
Wรคhrend andere Plugins sรคmtliche Regler und Einstellmรถglichkeiten an der Oberflรคche unterbringen, ist das wegen der schieren Masse an Funktionen einfach nicht mรถglich. Dafรผr wird man auch mit so durchdachten Mรถglichkeiten wie der Alt-Klick Funktion im Equalizer belohnt, mit deren Hilfe man nach Stรถrfrequenzen durchsweepen kann, ohne dabei eines der acht Filterbรคnder verรคndern zu mรผssen. Oder aber die interne History des Alloy, mit der man zu jedem Bearbeitungsschritt zurรผckspringen kann und bis zu 4 Einstellungen zum Vergleich speichern kann.

Der Analyzer des Alloy kann von Realtime รผber 1, 3, 5 und 10 Sekunden Integrationszeit bis zu ยปInfiniteยซ eingestellt werden. Damit lรคsst sich dann tatsรคchlich das Frequenzbild einer Quelle beurteilen und entsprechend bearbeiten.
Mit den Makros kรถnnen hรคufig benรถtigte Regler zusammengelegt werden, wobei man auch mehrere Parameter zu einem Regler verbinden kann. So kรถnnte man z. B. einen ยปGrowlยซ Regler konfigurieren, der zugleich den Anteil der Tapesรคttigung des Exciters als auch den Gain eines Mittenbandes im Equalizer anhebt. Mittels Makros kann man praktisch fast ein eigenes Plugin basteln, das รผber eine รผbersichtliche Anzahl an Parametern im Vordergrund sehr komplexe Aufgaben im Hintergrund steuern kann. Ein Beispiel:
Man legt sich einen RMS Kompressor, den Transient Shaper und den Exciter an. Im Makro erstellt man einen Regler „Drive“, der zum einen den Threshold senkt, je weiter man ihn aufdreht. Gleichzeitig regelt er aber den Attack des Transientshaper nach unten und den Drive des Exciters nach oben. Der Effekt: Je weiter man den neuen „Gain“ Regel aufdreht, desto mehr wird das Signal komprimiert. Zur gleichen Zeit werden aber die Transienten etwas weicher und mit dem Exciter immer mehr Obertรถne hinzugefรผgt.
So hat man sich in Alloy einen charaktervollen Kompressor selbst gebaut, der sich auf Wunsch genau so verhรคlt, wie man das mรถchte.

Zusammen mit dem mรคchtigen Presetmanager ergibt sich ein unglaubliches Potential, das รผber jeden mir bekannten Channelstrip hinausgeht. Apropos Presets: Hier hat man sich bei Izotope wirklich Mรผhe gegeben. Die รผber 150 Presets geben einen umfassenden รberblick รผber die Mรถglichkeiten und Fรคhigkeiten dieses Plugins.
Der Ressourcenverbrauch ist auf einem aktuellen Rechner kein Thema und 10 Instanzen mit jeweils mind. 4 aktivierten Modulen brachten es auf meinem PC unter Reaper auf nicht einmal 5% Last. Die Power von Alloy braucht man auch nicht in jeder Spur. In Tracks, bei denen es darauf ankommt, ist Alloy aber tatsรคchlich ein Schweizer Taschenmesser.
Hast wohl deinen „Channeltrip“ hehehe. Nee der sieht schon gut aus und preislich ist das teil auch nocht im Rahmen
Alloy ist schon lรคnger der Standard in meinem Pluginfolder. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mich bisher noch nicht weiter mit den Macros beschรคftigt habe, weil ich auch nicht so genau verstanden habe, wozu sie gut sein sollen.
Das werde ich wohl mal nachholen. Danke fรผr den ausfรผhrlichen Beitrag!