Cherry Audio Voltage Modular – virtueller Modular-Synthesizer

Der Cherry Audio Voltage Modular ist ein sehr umfangreicher und gut klingender virtueller Modular-Synthesizer.
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Modular-Systeme sind seit einiger Zeit ein ganz großes Ding in der Synthesizer-Szene. Dabei gibt es diese beeindruckenden Klangsysteme schon über 60 Jahre. Während damals ein modularer Synthesizer die Größe einer ordentlichen Wohnzimmerschrankwand einnehmen konnte, etablierte der deutsche Hersteller Doepfer das Eurorack-System. Damit waren Modular-Synthesizer auch für Normalsterbliche erreichbar. Viele Jahre war das aber ein Thema für ein paar Freaks. Niemand sonst wollte statt mit MIDI wieder mit Kontrollspannungen (CV: Control Voltage), Gates und Triggern arbeiten und Kabel stecken.

Steve Pocaro von Toto vor einem Modular-System (Foto: Wikipedia)

Seit einigen Jahren hat es der Euro-Rack-Standard in die breite Masse geschafft und es gibt unzählige Module dafür. Auch die DIY-Szene für Eurorack-Module wird immer größer und viele bauen sich ihre eigenen Module. Der Grund für die Begeisterung ist neben der haptischen Seite – man kann die Regler, Schalter und Kabel einfach anfassen und erhält eine direkte Reaktion – auch der Wunsch nach einem „Signature-Sound“. Ein Modularsystem kann sehr individuell aufgebaut werden und klingt damit auch sehr individuell. Ein Modular-Patch ist im Prinzip immer auch eine Momentaufnahme, denn viele Konfigurationen lassen sich nur schwer wieder ganz identisch nachbauen. Auch dass man ganz ohne Computer damit arbeiten kann, übt auf viele eine besondere Faszination aus.

Doepfer Eurorack-System

Ein Modularsystem kann sich schon fast organisch verhalten und ist oft unberechenbar. Lange Sequenzen, die sich ständig verändern und nie wiederholen sowie ausschweifende Soundscapes sind die Spezialität solcher Systeme. Viele Modular-Systeme haben noch nicht einmal ein Keyboard angeschlossen und arbeiten nur mit Sequenzer- und Arpeggiator-Modulen. Daher sind solche Systeme auch überwiegend im Techno-Bereich anzufinden. Das Modular-System kann stundenlang vor sich hin blubbern und wenige Veränderungen an einigen Reglern und Knöpfen, können völlig neue Klänge und Sequenzen erzeugen.

Meine Meinung zu Musik aus Modular-Systemen

Fairerweise muss ich sagen, dass ich mit vielen „Performances“ aus Modular-Systemen, die man auf Youtube findet, so gar nichts anfangen kann. Für mich ist das meiste davon weder musikalisch noch rhythmisch interessant und sogar oft extrem nervig. Das liegt aber auch daran, dass mir Techno, Drones etc. so fern sind, wie nur irgendwas. Die Ambient-Geschichten finde ich oft ganz nett.

Eine Aussage zu Modular-Systemen ist, dass man nicht selbst vorgibt wie der Song zu sein hat, sondern das System einen dort hinführt. Das steht genau entgegengesetzt zu meiner Philosophie des Musikmachens: Am Beginn ist die Idee, das Riff, die Melodie, der Rhythmus. Daraus wird eine Songidee. Ein Modularsystem kann eine tolle Ergänzung dazu sein und interessante Farben und Ideen einbringen. Es kann auch inspirieren. Es einfach vor sich hinblubbern, piepen und kreischen zu lassen, finde ich hingegen uninteressant und wenig musikalisch.

Im Club-Kontext scheint mir dieses Thema einleuchtend zu sein, wenn eine trance-artige Stimmung mit repetitiven Klängen erzeugt werden soll. Ich kann mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen, dass man so etwas tagsüber zur Unterhaltung hört. Klärt mich auf, wenn ich da falsch liege. Damit Klangexperimente zu machen, um die herum dann ein „echter“ Song entsteht, finde ich hingegen hoch spannend.

Über die Faszination von Modular Synthesizern

Modular-Systeme kosten richtig viel Geld

Die ganze Geschichte hat aber auch eine Kehrseite: Für viele wird das Modular-System zur regelrechten Sucht und kann Unsummen an Geld verschlingen. In den entsprechenden Foren und bei Reddit gibt es nicht wenige Stories über Modular-Fans, die sich mehrere Module pro Monat kaufen und sich damit verschuldet haben. Als Gitarrist kann man das mit der Begeisterung für Bodentreter vergleichen, die bei vielen auch zum Sammelobjekt und teilweise Sammelsucht geworden sind.

Modular-System für knapp 29.000 €

Tatsächlich ist ein Modular-System keine billige Angelegenheit. Es beginnt mit dem Gehäuse im Euro-Rack-Format, das eigentlich nur eine gewisse Anzahl von Modulen aufnehmen und diese mit Strom versorgen kann. Für einen minimalen Synthesizer benötigt man einen Tonerzeuger oder Oszillator (VCO – Voltage Controlled Oszillator), einen Filter (VCF – Voltage Controlled Filter) und einen Hüllkurven-Generator samt Verstärker (VCA – Voltage Controlled Amplifier). Hier hat man also 3 Module plus das Gehäuse und selbst bei günstigen Modulen ist man jetzt schon gut 400 Euro los. Hinzu kommt noch ein Keyboard, das CV-Spannung ausgeben kann oder ein Sequenzer-Modul. Beides noch einmal mindestens 100 Euro. Dafür bekommt man schon recht ordentliche Synthesizer mit Keyboard, der mehr kann, als dieses Minimal-Modular-System.

Voltage Modular Minimal-Setup mit Sequenzer

Dieses Minimal-Setup in Voltage Modular klingt dann z. B. so, wenn man ein bisschen am Filter dreht, Hüllkurve und Sequenz verändert:

Beispiel aus dem Minimal-Setup

Mit ein paar Modulen mehr klingt das dann schon so:

Beispiel 2

Auf der Seite Modular Grid, kann man sein Modular-System planen und viele stellen dort ihre Systeme vor, die oft mehrere 10.000 € gekostet haben. Es geht aber auch günstiger.

Cherry Audio Voltage Modular

Natürlich gibt es auch virtuelle Modular-Systeme, die meiner Ansicht nach nicht weniger faszinierend sind und dabei noch einige handfeste Vorteile besitzen, so kann man z. B. Konfigurationen einfach abspeichern und später wieder aufrufen. Echte Modular-Fans werden das zwar anders sehen, wer aber die Möglichkeiten dieser Gerätegattung kostengünstig erkunden möchte, sollte sich den Cherry Audio Voltage Modular einmal genauer ansehen.

Cherry Audio Voltage Modular

Cherry Audio ist mit dem Voltage Modular nicht der einzige Anbieter solcher Software-Modular-Systeme. Neben Softube Modular, ist das VCV Rack die wohl bekannteste Lösung in diesem Bereich. Cherry Audio hat bei seinem Voltage Modular aber einige sehr interessante Features, die das System sehr interessant machen. Es werden drei Paket angeboten:

Voltage Modular Nucleus20+ Module, Voltage Modular Software, 176 Presetskostenlos (!)
Thomann Preis
Voltage Modular Ignite40+ Module, Voltage Modular Software, 296 Presets$19 19,00 Euro
Voltage Modular Core + Electro Drums90+ Module, Voltage Modular Software, Misfit Audio Electro Drums (15 modules), 551 Presets, 94 Electro Drums Presets$6969,00 Euro

Ihr könnt also kostenlos mit der Nucleus-Version starten. Voltage Modular kann sowohl im Stand-Alone-Modus arbeiten, als auch als VST, AU oder AAX Plugin in der DAW eurer Wahl. Sehr gut gelöst ist die Installation weiterer Module. Es gibt viele zusätzliche Module aus allen Kategorien von Cherry Audio, aber auch von externen Entwicklern. Da Cherry Audio eine eigene Entwicklungsumgebung für Voltage Modular anbietet, den Voltage Modular Designer, und Entwicklern großzügige 70 % der Erlöse der daraus entstandenen Module vergütet, gibt es jede Menge Futter für den Voltage Modular. Es ist unmöglich, hier auf alle Module einzugehen, aber es ist alles vorhanden, was man bei einem Modular-System erwartet. Als Fan von PSP Audioware Plugins freue ich mich besonders, dass es hier auch PSP-Effekte und sogar Synthesizer-Module gibt.

Ebenfalls sehr schön, sind die Sampler-Module, die durch Zukäufe auch erweitert werden können. Die meisten der kostenpflichtigen Module bewegen sich zwischen 5 und 10 Dollar. So kann der Sampler für 10 Dollar stark erweitert werden kann. Es gibt aber auch ganze Bundles von Modulen, die dann auch über 100 Dollar kosten können. Trotzdem ist das noch immer günstiger als „echte“ Modular-Module.

Modular-System im Rechner mit Polyphonie

Voltage Modular bietet sogar polyphone Module, mit denen man ohne Tricks entsprechende Klänge erzeugen kann. Damit ist VM physischen Modular-Systemen weit voraus, denn hier ist es ein enormer Aufwand, polyphone Klänge zu Erzeugen, da man für jede Stimmen einen Oszillator, CV, Gate usw. benötigt.

Außerdem kann man viele Module intern nicht nur über CV verbinden, sondern auch per MIDI. Wenn man möchte, kann man auch reine Effekt-Racks bauen und diese als Inserts in der DAW nutzen.

Cherry Audio bietet auch Module an, die auch als einzelne VST-Plugins angeboten werden, z. B. den Juno, CA2600 (Arp 2600) und den ganz neuen Polymode. Die Cherry Audio Module lassen sich als Demo-Versionen ausgiebig testen, bevor man den Kauf-Button klickt.

Was es noch nicht gibt, sind Nachbildungen aus der „echten“ Modular-Welt, wie z. B. die Open-Source Module von Mutable Instruments, welche sowohl bei Softube Modular und auch VCV zur Verfügung stehen. Was nicht ist, kann aber ja noch werden.

Oszillatoren und Sampler
Oszillatoren und Sampler

Der Modul-Store kann direkt in der Software aufgerufen werden. Kostenlose oder erworbene Module werden dabei automatisch installiert und können sofort eingesetzt werden. Die Module sind meist sehr realistisch gestaltet und erinnern ein bisschen an Reason. Das mag nicht jedermanns Sache sein. Ich finde aber, dass man die Module dadurch sehr schnell voneinander unterscheiden kann und außerdem sieht es mehr nach einem physischen Modular-System aus. Zudem lässt sich die Ansicht frei skalieren, was gerade bei hochauflösenden Displays sehr angenehm ist.

Module werden einfach ins virtuelle Rack gezogen und können bei Bedarf auch ganz einfach verschoben und neu sortiert werden. Die virtuellen Kabel werden per Drag-and-drop gezogen. Haben Module mehrere Aus- oder Eingänge, geht dabei ein kleines Menü auf, das wie eine Blüte aussieht. Hier lassen sich dann mehrere Kabel anschließen.

Module, die sich in der gleichen Reihe im Rack befinden, lassen sich als „Cabinets“ abspeichern und später wiederverwenden. Mit dem Performance Bar, kann man bestimmte Parameter auf eigene Regler legen, die sich auch in der Spannung begrenzen lassen. Alle Parameter lassen sich schnell und einfach per MIDI-Learn auf entsprechende Controller legen.

Umfangreiche MIDI-Integration

Überhaupt ist die MIDI-Integration hervorragend gelöst. Aus der DAW heraus können die Module im Voltage Modular auf unterschiedlichen MIDI-Kanälen angesprochen werden. Es gibt verschiedene Module, welche die Konvertierung zwischen CV und MIDI-CC (und umgekehrt) ermöglichen und der MIDI-Learn-Modus kann auch Tastaturbefehle umsetzen.

Einige der MIDI-Module von Voltage Modular
Einige der MIDI-Module von Voltage Modular

Damit auch bei großen Konfigurationen die Übersicht gewahrt bleibt, kann die Deckkraft der virtuellen Kabel stufenlos eingestellt werden. Ein eigener Button erlaubt das komplette Ein- und Ausblenden der Kabel mit einem Klick.

In der Stand-Alone-Version der Software kann man den Audioausgang und damit die Performance direkt aufnehmen.

Fazit

Die Möglichkeiten, die sich mit dem Cherry Audio Voltage Modular auftun, sind unendlich. Schon die vielen enthaltenen Module führen dazu, dass man die Zeit komplett vergisst und Module über Module miteinander kombiniert. Im Store findet man dann über 750 weitere Module – von kostenlos bis kommerziell. Klanglich ist Voltage Modular sehr ordentlich, kommt aber nicht an die Authentizität von Instrumenten wie u-he Diva heran. Dafür ist man vollkommen frei in der Klanggestaltung und hat jede Menge Spaß damit. Es spricht auch nichts dagegen, das virtuelle Modular-System mit Hardware zu verbinden …

Mehr Infos: Cherry Audio

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