Loudness War, MP3-Matsch und taube Ohren

Wie ich erst jetzt entdeckt habe, gab es am 28.3. im Internetmagazin der „Welt“ einen sehr interessanten und ausfรผhrlichen Beitrag รผber die zunehmend ins extreme getriebene Lautstรคrke bei aktuellen Rock- und Popproduktionen (Loudness War) und die Krux mit MP3 und Co: Wie MP3 die Musik zerstรถrt hat. Wenn man sich so umsieht, rennen die ganzen…

Loudness WarWie ich erst jetzt entdeckt habe, gab es am 28.3. im Internetmagazin der „Welt“ einen sehr interessanten und ausfรผhrlichen Beitrag รผber die zunehmend ins extreme getriebene Lautstรคrke bei aktuellen Rock- und Popproduktionen (Loudness War) und die Krux mit MP3 und Co: Wie MP3 die Musik zerstรถrt hat.

Wenn man sich so umsieht, rennen die ganzen Homies ja wirklich mit aufgedrehtem Handy rum und hรถren sich das Gekrรคchze dann freiwillig an (ist bei vielen Machwerken heute ja auch echt wurst, hรถrt man wenigstens nicht mehr so viel von dem Mist, der in den „Rhymes“ verzapft wird.).

Zwar halte ich nicht sehr viel von High-End-Anlagen, wo schon der Meter Lautsprecherkabel einen dreistelligen Betrag kostet (hier รผbrigens ein schรถner Beitrag dazu …), allerdings ziehts mir bei 128kBit MP3 Songs die Schuhe aus und selbst 192kBit ist fรผr mich an der unteren Grenze. Fรผrs Auto ist es okay, aber fรผr Daheim oder gar รผber Kopfhรถrer nicht zu gebrauchen.

Wenn man selbst Musik macht und produziert ist man ja oft selbst versucht, den Limiter richtig reinzudrehen und mit Multibandkompression alles tรผchtig fett zu machen – technisch ist das ja heute kein Problem mehr und Mastering heiรŸt heute zu allererst – so scheint es zumindest: Laut machen!

Und da das zu einer Art Wettbewerb der „groรŸen“ Produzenten geworden ist, kann man sich dessen nur schwer entziehen, da die Hรถrgewohnheiten der Konsumenten sich zwischenzeitlich angepasst haben. Richtig dynamische Rock- oder Pop-Musik, mit Abwechslung und lauteren und leiseren Passagen gibt es kaum noch. Teilweise werden bei grรถรŸeren Produktionen die Songs sogar extra nochmal fรผr MP3-Verteilung gemixt und gemastert …

Frรผher, als sauteuere High-End Anlagen „in“ waren und man sogar รผber die klanglichen Auswirkungen der Polung des Netzsteckers diskutierte, waren „audiophile“ Produktionen gefragt und erwรผnscht. Da sah die Amplitudenhรผllkurve aus wie die Alpen und nicht wie die Wasseroberflรคche unseres Baggersees an einem schรถnen Sommertag.

Eine Empfehlung fรผr dynamischen Prog-Rock hรคtte ich, die gerade bei mir im Auto lรคuft, aber auch schon einige Jahre auf dem Buckel hat: Sieges Even – A Sense Of Change

Letzte Aktualisierung am 10.07.2025 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

13 Antworten zu „Loudness War, MP3-Matsch und taube Ohren“

  1. Tempelengel

    Zwar ist der Threat vom letzten Jahr, aber ich habe auch erst jetzt wegen dem Loudness War gegoogelt.
    Bei mir kam es durch das Album „One Of The Boys“ von Katy Perry. Die Titel hรถren sich ja extrem รผbersteuert an, was mir รผber Anlage kaum aufgefallen ist.

    Seit ich den AKG K271 MKII Studiokopfhรถrer habe, sieht die Sache schon anders aus. Ob Original CD oder gerippt mit dem Lame Encoder in VBR V2, das Album klingt furchtbar.
    Jede Menge Krach, aber null Dynamik.

    Nach der Enttรคuschung habe ich mir ein paar Lieder von Madonna [Like A Virgin Album, die nicht gemasterte Version] und Genesis angehรถrt, wo Dynamic noch gefragt war.
    Das heutzutage noch solche Musik produziert wird, davon trรคume ich schon gar nicht mehr, ich schรคtze der Zug ist abgefahren. Die supertollen Produzenten machen sich ja eher daran, auch die รคlteren Alben zu „remastern“, was ich lieber mal „verhunzen“ nenne.

    Schade, so werden die Dynamic GenieรŸer auรŸen vor gelassen…

  2. Master Exploder

    Die Ursache liegt nicht bei der digitalen Musik sondern am „loudness war“ an sich.
    Wenn ich eine kaputtgemixte (weil keine dynamik) CD auf einer guten Anlage hรถre lรคsst sich kein Unterschied feststellen als wenn ich mir die Informationen der CD auf eine 360kbps MP3Datei /eine .wav oder ogg Datei oder sonstwas hochwertiges packe und รผber dieselbe Anlage hรถre.
    -> Denn beides klingt scheiรŸe oder zumindest nur ansatzweise so wie es eigentlich klingen sollte!

    Aber dass die Masse zu blรถd ist um gute Musik zu erkennen sieht man doch am Erfolg von Sendungen wie DSDS, Popstars oder sonstwas. Denn komischerweise kaufen Millionen Menschen hier diesen Schrott auf CD und finden es auch noch gut. Von daher wird sich wohl nichts รคndern.

    Kampagnen wie „Turn me up“ sind zwar echt angebracht, werden aber leider nichts verรคndern kรถnnen. Es wรคre schรถn wenn ich da falsch liege…

  3. Braniac

    Wie testet man auf รผberkomprimierten Schrottsound? Spiele den Titel auf einer Mehrkanalanlage mit Dolby Surround Modus ab. Alte Musik kommt Stereo von rechts und links. Neue Werke sind dann in Mono nur aus dem Center zu hรถren. Was hat das noch mit Qualitรคt zu tun? Spielen diese Kรผnstler live dann alle hintereinander stehend?

    1. Ja, das einengen der Stereobasisbreite ist ein weiteres Mittel, um Aufnahmen noch lauter erscheinen zu lassen. Trauriger Hรถhepunkt dieses Trends ist wohl die letzte Metallica Scheibe „Death Magnetic“, bei der deutliche Verzerrungen zu hรถren sind und deren Wellenformhรผllkurve wie ein Rechteck aussieht.
      http://mastering-media.blogspot.com/2008/09/metallica-death-magnetic-stop-loudness.html

  4. Nee, die Lautstรคrke hat nix mit dem Normalisieren zu tun. Der Loudness-War dreht sich ums Glattbรผgeln jeglicher Dynamik. Wenn du einen Song von 1982 und von 2007 auf den gleichen Wert normalisierst, wirst du trotzdem feststellen, dass der von 2007 deutlich „lauter“ klingt als der von 1982 – allerdings insgesamt auch „flacher“.
    Man muss leider solch subjektive Adjektive bemรผhen, um das zu beschreiben.

    Hans-Jรผrgen stimme ich da voll und ganz zu . Wenn man Originale gut konvertiert, klingt das MP3 auch gut. Und aus dem ganzen Mรผll, kann man halt nichts besseres machen. Van Halen sagte mal: „Einen ScheiรŸhaufen kannst du nicht polieren“. Oder wie es auch sonst heiรŸt: „Shit in – shit out“.

    Ich liebe meinen iPod auch, aber was so an besch….. Sound geschluckt wird, ist schon ein Ding …

  5. Ich muss mich zunรคchst als Soundlegastheniker outen: weder Lust noch Geld oder Zeit um fetttes Audioequipment anzuschaffen. Durchschnittsverstรคrker, Uraltboxen (20 Jahre +). Meine Ohren kรถnnen keine Unterschiede zwischen High-End und Normal ausmachen – bei Kopfhรถreern allerdings schon, da lege ich etwas wert auf Qualitรคt.

    MP3-Junkie – aus den Grรผnden, die auch H-J genannt hat.
    Der Trend zur Lautstรคrke ist mir bei neuen Produktionen auch aufgefallen – kratzt mich nicht, da ich eh alles durch den Normalisierer jage und auf 89 dB justiere. Denn: verschiedene CDs haben verschiedene Lautstรคrken.

    Und ob der Mainstream jetzt MP3-ausgerichtet produziert oder nicht… ist eh nicht meine Mucke ๐Ÿ˜‰

  6. Hans-Jรผrgen Philippi

    Mir ist ein Rรคtsel, warum MP3 (Technik) und die Wege des Musikbusiness (Inhalte) bei dieser leidigen Diskussion immer wieder in einen Topf geworfen werden – gleich als erste Option der Umfrage auf besagter Welt-Seite: „Ja, MP3 und digitale Massenware tรถten gute Musik.“ Das ist ungefรคhr so sinnvoll wie HTML fรผr schlecht gestaltete Webseiten verantwortlich zu machen.
    Weiterhin verstehe ich nicht, warum man sich รผber -de facto unsinnige- High-End-Kabel belustigt aber im gleichen Atemzug selber vollkommen รผberzeugt davon ist, MP3 komme per se nicht gegen den Klang der CD an. Bei letzterer hรถrt der durchschnittliche Klanggourmet angeblich die Flรถhe husten wo es bei MP3 selbstredend nur klingelt und scheppert, so erzรคhlt man sich in bester Modern Myth Tradition.

    Ich halte dagegen und behaupte, dass mein Notebook mit MP3s (mit ExactAudioCopy gerippt und per angepasstem LAME Profil als VBR bei max. 192 kBit/s encodiert) samt ordentlicher externer Soundkarte (Yamaha UW10) an einer gewรถhnlichen Hifi-Anlage angeschlossen einen Sound ergibt, den Otto Normalhรถrer blind nicht vom CD Original unterscheiden kann. Auch dieser Test wurde schon gemacht und kam zu just diesem Ergebnis. Nur mit hochwertiger Hifi-Technik -vor allem die Boxen mรผssen was taugen und tun es bei den Leuten daheim in den seltensten Fรคllen- und mit geschultem Ohr sind in Einzelfรคllen Unterschiede zu hรถren. Tatsรคchlich treten selbst dabei immer wieder „False Positives“ auf, wo CDs fรผr MP3s gehalten werden.

    MP3 hat eine Revolution gebracht und Musik buchstรคblich von sperrigen Medien entfesselt, das kann man gar nicht hoch genug bewerten. Wo man frรผher Kofferweise CDs mitschleppen musste (und zum Teil natรผrlich nicht konnte), hat man heute in einem kleinen Kรคstchen alle Lieblingsscheiben dabei. Auch zuhause ist der quasi-parallele Zugriff auf die eigene, groรŸe Library dank MP3 auf dem Rechner ein Segen – das sage ich als Musikjunkie, der seit 25 Jahren LPs, CDs und jetzt MP3s auf diversen Anlagen deutlich รผber Einsteigerniveau verschlingt.
    Dass uns das Musikbusiness heute mit grauenhaftem Output quรคlt und in diversen TV-Formaten „Stars“ gecastet werden, deren zu Tode komprimiertes ร…โ€™uvre sich Teenies auf dem Handy zu Gemรผte fรผhren – das ist schlimm, keine Frage. Der schleichende Tod der musikalischen Pop-Kultur findet statt aber er ist ganz bestimmt nicht ursรคchlich auf MP3 zurรผck zu fรผhren. Wer das so sieht hat sich nicht annรคhernd differenziert genug mit der Entwicklung der Popmusik vor allem der letzten 10 Jahre auseinander gesetzt.

    1. DJing

      Hallo Hans-Jรผrgen!
      Deine Art MP3 zu erzeugen finde ich interessant.
      Wo finde ich die Programme und welche Einstellungen muรŸ ich vornehmen?
      GruรŸ
      [email protected]

      1. Hans-Jรผrgen Philippi

        Hi,

        Exact Audio Copy ist ein bekanntermaรŸen guter CD-Ripper:
        http://www.exactaudiocopy.de/

        LAME ist der bekannteste kostenlose MP3 Encoder, als ausfรผhrbares Programm etwa hier zu bekommen:
        http://www.rarewares.org/mp3-lame-bundle.php

        Um die MP3s zu taggen, mit Covern zu versehen usw. empfiehlt sich der Einsatz weiterer Software:
        http://www.mp3tag.de/

        Die Arbeit mit so einem Audio Werkzeugkasten lรคsst sich kaum in 2 oder 3 einfachen Sรคtzen allgemein gรผltig beschreiben. Es hรคngt von der eIngesetzten Hardware ab (was kann z.B. das grabbende CD-Laufwerk), welchen Qualitรคtsanspruch ich habe bzw. was nรถtig ist (320 kbps fรผr Death Metal sind Humbug…), wie groรŸ die MP3s werden dรผrfen usw..
        Anleitungen, die einen Einstieg zum Thema vermitteln, findet man zuhauf im Web. Etwa die hier:

        http://www.netzwelt.de/news/68308-anleitung-cds-mp3-umwandeln-exact-audio-copy.html

        Hinterher hilf auf alle Fรคlle viel ausprobieren – man kann schlieรŸlich nix „kaputt machen“ sondern nur eine Menge lernen!

        Viel SpaรŸ + GrรผรŸe,
        Hans-Jรผrgen Philippi