Auch ich habe einen Instagram Account. Hier poste ich aber nur seltenst „Fotografien“. Ich poste Bilder. Und zwar Bilder von Dingen die ich gern mache, mit denen ich mich gerade beschรคftige, wo ich gerade bin oder die kurios sind. Viele Fotografen nutzen Instagram aber natรผrlich auch um ihre Arbeit vorzustellen und genau das funktioniert nur selten bis gar nicht, denn bei Instagram geht es nicht um Fotografie. Es geht um Bilder! Nur einen Bruchteil der Instagram-Nutzer interessiert eine tolle Komposition, Lichtsetzung oder die technische Qualitรคt des Fotos – erkennt man wegen der geringen Auflรถsung ohnehin nicht. Es geht um einen kurzen Eindruck. Um ein Gefรผhl. Um Menschen, die das gleiche interessiert wie mich.
Hashtags und Millisekunden entscheiden
Bei Instagram entscheiden Millisekunden รผber den Double Tap und damit รผber ein Like. Wenn sich jemand fรผrs Surfen interessiert, wird er ein Foto mit Surfern vermutlich liken. Wenn es dazu noch schรถn bunt ist, steigen die Chancen noch weiter. Wenn es aber das einzige Surf-Foto ist, wird es dabei auch bleiben, egal wie gut deine restlichen Fotos sind. Viele Fotografen posten die toll bearbeiteten Fotos, die mit der Spiegelreflexkameras gemacht wurden. Typische Hashtags sind dann das Thema und hรคufig auch die Marke der Kamera. Punkt! Damit man aber erst einmal wahrgenommen wird, sind die Hashtags entscheidend. Wenn wir weiter beim Thema „Surfen“ sind, genรผgt eben nicht nur #surfen #surfing #nikon. Dazu gehรถren auch Hashtags wie #ocean #sea #lifestyle #action #adventure #picoftheday #colorful #instagood #instasports. Egal wie bescheuert das istย – es geht noch weiter: #photography #photographer, ja sogar #photo – als ob das nicht offensichtlich wรคre! Und als ob das nicht genรผgt, zรคhlt auch noch der Zeitpunkt der Verรถffentlichung.
Wenn man nun hรคufiger in der Timeline der Nutzer auftaucht, ist man aber trotzdem nur ein Bild von vielen – eines von Unmengen an unglaublich guten Fotos. ย Das Bild ist einfach Content und keine Kunst. Und egal wie gut dieser Content ist, erhascht er nur eine Aufmerksamkeit von 3 Sekunden oder weniger. Zu wenig um die Finessen eines Fotos zu ergrรผnden, das mit viel Herzblut erstellt wurde.
Fotografie ist nur ein Transportmittel
Fotografie ist nur das Transportmittel fรผr den Inhalt und das zu vermittelnde Gefรผhl. Und diese Fotografie hat ganz automatisch einigermaรen gut zu sein, sonst hat sie noch weniger als eine halbe Sekunde. Sie ist aber nicht das, was dabei die Aufmerksamkeit findet – zumindest nicht bei der Masse der Nutzer. Viel interessanter ist die neue Luxusuhr darin, die protzig mit handgenรคhten Manschettenย und goldenen Armkettchenย direkt vor dem Lenkrad des Ferraris fotografiert wurde. Dieses Bild bekommt 50.000 Likes – aber nicht fรผr die fotografische Leistung. Fotos von Menschen funktionieren auch hervorragend – so lange sie sehr attraktiv sind, teure Klamotten anhaben oder es sich um hรผbsche Mรคdels mit zwei nicht zu ignorierendenย Argumenten handelt.

Wenn man bei Instagram – nicht nur als Fotograf – erfolgreich sein mรถchte, muss auch der eigene Stream klinisch rein aufgebaut sein: Gleiches Thema. Gleiche Optik. Manche posten sogar nur Fotos mit gleichen Farben. Warum? Wenn sich ein Nutzer schon die Mรผhe macht anzusehen was man sonst so postet, erwartet er eine Menge von dem, durch das er auf dich aufmerksam wurde. Nur dann wird der Instagram Stream auch abonniert. Alles in Schwarzweiร. Oder warm. Oder kalt. Oder hell. Oder dunkel. Oder nur in Pastelltรถnen. Am besten nur stark bemopste Surferinnen in warmen Pastelltรถnen.

Man baut sich auch selten eine Community fรผr „Gute Fotos“ auf, sondern fรผr ein bestimmtes Thema, das dann im besten Fall auch noch gut fotografiert wurde. Am besten funktioniert das, wenn man einen bestimmten Lifestyle teilt.
Fotografie ist nur ein Ware wie jede andere
Fast jeder ist mittlerweile bei Instagram.ย 59 Prozentย der Nutzer sind zwischen 18 und 29 Jahre alt.ย Die Anzahl der User stieg von 100 Millionen in 2013 auf 500ย Millionen Ende 2016. Man will sich berieseln lassen. Instagram ist eine kurzweilige Ablenkung. Es ist keine Galerie, um ernsthaft tolle Fotografie oder seine fotografischen Kรผnste vorzustellen. Fotos sind eine Ware wie jede andere auch. Sie wird massenweise produziert, weil die Produktion gรผnstig geworden und fรผr jeden in ordentlicher technischer Qualitรคt machbarย ist. Das individuelle und vielleicht besondere Bild geht darin unter. Wer meint รผber diesen Weg einen Kunden zu finden, dรผrfte auf dem Holzweg sein – selbst bei vielen tausend Followern. Entweder man hatte die Kunden schon vorher und daher einen Namen und dadurch auch viele Follower oder man hatte sie nicht und wird sie auch รผber diesen Weg nicht bekommen.
In der Musik lรคuft es auch nicht anders. Hat man sich frรผher noch eine LP mit tollem Artwork auf dem Cover und abgedruckten Songtexten gekauft, deren Wiedergabe zelebriert wurde, klicken wir heute durch 10 Millionen Songs im Streaming-Abo bei Spotify oder Deezer. Es ist eine Ware, die in Massen gรผnstig zur Verfรผgung steht. Natรผrlich gibt es noch immer Menschen, die sich damit beschรคftigen und Vinyl ist wieder absolut angesagt. Das ist aber nur ein Bruchteil der Nutzer insgesamt.
Instagram macht Spaร – keine Frage! Aber es ist bestimmt nicht die Plattform, um gute Fotografie zu promoten in der Hoffnung, dass man irgendeinen Blumentopf damit gewinnen kรถnnte. Wenn 1000 Likes dem Ego schmeicheln, mag das manchemย Erfolg genug sein. Letztendlich sollte es aber auch in der Kasse klingeln und das wird nur bei „Influencern“ funktionieren, die Kosmetik, Clean Eating oder Reiseziele promoten. Instagram taugt auch nicht dazu eine Website oder ein Blog wie nachbelichtet zu bewerben. Die Zugriffe, welche ich durch einen Klick auf den Link in meiner Instagram-Bio erhalte, lassen sich in einer Wocheย an einer Hand abzรคhlen. Natรผrlich habe ich auch nur gut 900 Follower, aber hier kommt sogar durch Pinterest mehr Traffic zusammen.
Aus diesem Grund habe ich mich bei Instagram auch nie bemรผht auรergewรถhnlich gute Fotos zu posten. Im Gegenteil: Fรผr mich ist das eine reine Spaรplattform ohne Zwang. Letztendlich ist Instagram nur das Fastfood der Sozialen Netzwerke – und wird irgendwann seinen Zenit รผberschreiten.
Falls euch das jetzt nicht abgeschreckt hat, findet ihr mich auf Instagram unter:ย https://www.instagram.com/nachbelichtet/
Genau so ist es.
„Gleiches Thema. Gleiche Optik“
Das zu kritisieren finde ich falsch. Dies kann doch auch bedeuten das der Fotograf sein Stil/Metier gefunden hat. Und den eigenen Stil vermisse ich massiv bei vielen Fotografen.
…wenn es so einfach wรคre seinen Style zu finde. Das Problem dabei ist eben, dass es kein Style, keine persรถnliche bHandscbrift des Photographen ist. Hier braucht es schon mehr als einen einheitlichen Look. Du bestรคtigst ja hier die Aussagen des Autors. Du hast das Thema kaum begriffen aber denkste zu wissen wie man einen eigenen Stiel kriegt. Sorry ich muss dich enttรคuschen..so leicht ist es zum Glรผck nicht.
Einen Stiel hab ich schon. Meinen Stil mรผssen andere bewerten ๐
Ich verspreche, dass ich stark an mir arbeiten werde, um dieses hochkomplexe Thema in Gรคnze zu durchdringen.
Ich hatte eher chris geantwortet…Sorry fรผr das Missverstรคndnis.
Ich bin absolut der gleichen Meinung, die im Artikel dargelegt wird.
Ich denke, es ist ein grober Fehler anzunehmen, dass ein einheitlicher Look einen Style widerspiegelt. Das kann durchaus vorkommen jedoch ist Instagram alles andere als dafรผr geeignet seine photographische Stimme zu finden, da man den Einheitslook ja nur wegen Instagram macht. So kommt schnell die Aussage : also ich habe meinen Style gefunden!….
Oft besteht der sogenannte Style dann entweder aus komplett hochgerissenem Kontrast oder รคhnlichen stilistischen Mitteln, die eigentlich, wie der Name schon sagt, nur stilistische Mittel sind. Weder Inhalt, technische Umsetzung, Idee oder Aussage spielen eine Rolle. Der Style wird auf reine Oberflรคchlichkeiten reduziert, da, wie der Autor schon richtig festgestellt hat, die Verweildauer auf den Bildern nur Millisekunden dauert.
Es wird nur auf Attribute Wert gelegt, die sofort ins Auge Springen. Hier von einem fotographischen Stiel auszugehen ist ebenso unangebracht, wie britney spears in den Olymp der Jazzikonen aufzunehmen. Man wird getรคuscht und tรคuscht sich schlieรlich selbst.
Dann habe ich das falsch verstanden. Entschuldige bitte!