Neues Werkzeug: Der TS100 Lötkolben im Test – es muss keine Lötstation sein!

Wer mit Elektronik bastelt oder professionell damit arbeitet, braucht immer einen guten Lötkolben. Auch Hobbyelektroniker kommen irgendwann an den Punkt, an dem der Lötprügel mit Netzkabel einfach zu unhandlich und unflexibel ist.  Meist machen dann Lötstationen das Rennen bei denen sich die Temperatur fein einstellen lässt und die, einmal aufgeheizt, jederzeit lötbereit sind. Es gibt aber eine sehr interessante Alternative.

Bitte beachte: Dieser Beitrag ist mehr als 3 Jahre alt. Manche Links, Preise, Produkte und Aussagen sind vielleicht nicht mehr aktuell!

Der Nachteil von Lötstationen ist, dass sie eigentlich einen festen Stellplatz brauchen und für den Dauereinsatz, z. B. in Werkstätten und in der Produktion gedacht sind. Zudem war es früher auch nur schwer möglich hohe Leistung, genaue Temperaturregelung- und Stabilität direkt in den Lötkolben zu packen. Oft besteht aber auch der Bedarf an einem portablen Lötkolben, der auch im Servicekoffer Platz findet und schnell bereit ist.

TS100 – der Open Source Lötkolben aus China

Der TS100 startet seine Karriere als Open-Source-Projekt und baut auf den ARM Cortex STM32 Mikrocontroller. Mittlerweile gibt es ihn aber von etlichen chinesischen Anbietern auf diversen China-Portalen, aber auch bei Ebay und Amazon für um die 55 Euro. Die Firma Graupner verkauft ihn – wenngleich deutlich teurer – unter eigenem Label. Außerdem gibt es verschiedene Bundles, sodass der Preisvergleich oft nicht so ganz einfach ist.

Technische Daten und Aufbau

Der TS100 kommt in einem sehr schlanken Gehäuse, ist knapp 17 cm lang und wiegt samt Lötspitze nur 31 Gramm. Ausgestattet ist er mit einem hellen OLED-Display, zwei Tasten zur Bedienung, einer Hohlsteckerbuchse und einem Micro-USB Anschluss.

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Die Spannungsversorgung erfolgt über den Hohlstecker und der TS100 akzeptiert Betriebsspannungen von 12 bis 24 Volt. Davon abhängig ist dann auch die Leistung und Aufheizzeit des TS100.

Stromversorgung per Hohlstecker und Micro-USB Buchse für Updates und Konfiguration

Mit 12 und etwa 1,5 Ampere bringt er es auf 17 Watt und benötigt von Zimmertemperatur auf 300 °C etwa 40 Sekunden. Mit einem 24V Notebook-Netzteil mit 3 Ampere sind es dann sehr ordentliche 65 Watt, die bereits nach 10 Sekunden erreicht werden.

Aufheizzeit bis 330 °C

Im Vergleich dazu benötigt meine treue ERSA Analog 60 Lötstation (60 Watt), gute 60 Sekunden bis der Lötkolben die gleiche Temperatur erreicht hat und meine Weller WECP-20 nimmt sich diese Zeit.

Durch die flexible Spannungsversorgung, kann man den TS100 z. B. auch mit einem LiPo-Akkupack (und ggf. einem Step-Up-Wandler) oder mit dem passenden Adapter auch am Zigarettenanzünder im Auto betreiben. Damit ist der TS100 eine sehr viel komfortablere und präzisere Alternative zu einem Gaslötkolben.

Der USB-Buchse dient rein zum Firmware-Update oder zur Bearbeitung der Einstellungen. Diese lassen sich durch eine einfache Textdatei ein die persönlichen Wünsche anpassen. So kann man die Schrittweite der Temperatureinstellung ebenso konfigurieren, wie die Standby-Temperatur und Abschaltzeit. Gerade das macht, zusammen mit der sehr flotten Aufheizgeschwindigkeit, den TS100 zur echten Alternative zu einer Lötstation. Er muss nicht ständig vor sich hin braten und ist trotzdem sofort wieder einsetzbar.

In der Praxis

Ich hatte nach dem Auspacken zunächst bedenken, ob der geringen Abmessungen des Lötkolbens. Tatsächlich liegt er aber gut in der Hand und es lässt sich präzise damit arbeiten. Bei mir wurde eine abgeschrägte Lötspitze (TS-BC2) mitgeliefert, welche für normale Arbeiten sehr gut geeignet ist. Für kleine SMD-Jobs dürfte eine Lötspitze in Bleistiftform (TS-B2 oder TS-1) besser sein.

Diese Ersatzlötspitzen sind für etwa 16 Euro pro Stück erhältlich und lassen sich durch einfaches lösen einer Inbusschraube schnell wechseln lassen. Ein Vorteil dieser Lötspitzen ist auch, dass sie sowohl das Heizelement als auch den Temperaturfühler beinhalten. Insgesamt kann man aus 7 verschiedenen Lötspitzen wählen. In die TS-BC2 Lötspitze kann man mit ein bisschen Geschick eine kleine Vertiefung bohren, um mit einem Lötzinn-Reservoir für Drag-Soldering auszustatten.

Ich habe ein Notebooknetzteil mit 19 V und 4 Ampere Leistung als Spannungsquelle. Den abgewinkelten Stecker muss ich noch durch einen geraden ersetzen. Aber alleine schon das dünne und sehr flexible Kabel macht diese Lösung sehr angenehm. Gerade, was das Anschlusskabel des Lötkolbens angeht, bin ich sehr zickig. Das schönste Kabel hat noch immer ERSA, da es sich hier um ein hochflexibles und geschmeidiges Silikonkabel handelt. Gerade günstige Lötstationen kranken genau daran und nichts ist unangenehmer, als ein widerspenstiges Kabel.

Die Temperaturkonstanz des TS100 ist mehr als beachtlich und selbst große Kupfer- und Lötflächen meistert der kleine Lötkolben ohne Probleme. Er ist hier sogar meinen Lötstationen überlegen. Grund hierfür dürfte, neben der ordentlichen Leistung von bis zu 65 Watt, die ausgefeilte Regelung und die Lötspitze sein, die durch die geringe thermische Masse und das fest mit ihr verbundene Heizelement, extrem schnell reagieren kann.

Die wärmsten Bereiche am TS100 (ohne Temperaturgewichtung)

Ebenso erstaunlich ist, dass der Griff selbst nach einer halben Stunde Dauerbetrieb bei 330 °C, sich kaum erwärmt. Das zeigt auch das Wärmebild, das ich mit meiner FLIR One gemacht habe. Im vordersten Bereich sind es gerade mal um die 40 Grad, weil der TS100 tatsächlich nur den vordersten Teil der Lötspitze heizt. Im letzten Viertel der Lötspitze vor dem Griff hat diese nur etwa 60 °C und kann damit den Griff kaum erwärmen. Die Leistungselektronik im hinteren Teil des Lötkolbens bringt ihn auf eine ähnliche Temperatur.

Am Griff ist alles cool – auch nach 30 Minuten Betriebszeit

Hinzu kommt, dass der TS100 einen Beschleunigungssensor eingebaut hat. Dieser erkennt, ob der Lötkolben in Benutzung ist, oder ober nur herumliegt. Er schaltet sich bei Nichtbenutzung zunächst nach einer konfigurierbaren Zeit auf die Standby-Temperatur herunter (ebenfalls einstellbar) um danach in den Schlafmodus zu wechseln. Das bringt nicht nur Sicherheit, sondern lässt auch den Griff kalt bleiben.

Sobald man den TS100 wieder zur Hand nimmt, heizt er selbstständig wieder auf und ist sofort betriebsbereit.

Tipps und Zubehör

Wie schon beschrieben, wird der Lötkolben von verschiedensten Händlern angeboten. Nach meinen Recherchen unterscheiden sich die Geräte jedoch weder in Funktion noch in Qualität. Teilweise werden sie mit 40 Watt angegeben. Das liegt daran, dass es sich dann um Bundle-Angebote mit 19V Netzteil handelt, mit dem der TS100 auch nur 40 Watt leistet. Tatsächlich handelt es sich aber um das normale 65 Watt Modell, das mit einem entsprechenden 24 Volt Netzteil mit mind. 3 Ampere auch 65 Watt Leistung (und noch schnellere Aufwärmzeiten) ermöglicht.

Mit einem 5,5 x 2,5 mm (Innendurchmesser, Plus innen) Hohlstecker, kann man sich praktisch für alle geeigneten Spannungsquellen einen Adapter basteln, z. B. fürs Labornetzteil oder die Autobatterie. Mit einem günstigen Step-Up Wandler kann man dann sogar die kompletten 65 Watt nutzen (Wandler auf 24 Volt Ausgangsspannung einstellen). Außerdem gibt es fertige Adapter von LiPo XT-60 Steckern auf den Rundstecker des TS100.

Wer einen 3D-Drucker besitzt, kann sich diesen schicken Lötkolbenständer für den TS100 drucken.

Fazit

Der TS100 ist ein toller Lötkolben, der sich nicht hinter weitaus teureren Lötstation verstecken muss. Die Aufheizzeit ist sensationell kurz, die Leistung absolut praxisgerecht und durch die ausgeklügelte Regelung und die besonderen Lötspitzen könnte man meinen, einen weitaus leistungsfähigeren Lötkolben zu benutzen.

Gerade die Möglichkeit den TS100 mit einem LiPo-Akkupack, am Zigarettenanzünder oder mit einem einfachen Netzteil zu betreiben, macht ihn sehr flexibel und mobil einsetzbar. Die Lötspitzen inklusive Heizelement kosten meist nicht mehr, als eine einfache Lötspitze eines Markenherstellers und das Handling geht mehr als in Ordnung.

Wer regelmäßig und lange am Stück lötet und einen festen Platz dafür eingerichtet hat, wird auch weiterhin auf eine Lötstation setzen. Für Elektronikbastler, Maker, Servicetechniker oder einfach den schnellen Einsatz zwischendurch, ist der TS-100 eine absolut perfekte Wahl und meine Erfahrungen mit dem TS100 Lötkolben sind durchweg positiv.

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TS100 Lötkolben

Ausstattung
Verarbeitung
Preisleistung

Für wen geeignet?

Für jeden Hobbyelektroniker, egal ob Arduino, Modellbau oder Reparatur. Wenn es schnell gehen muss und auch für den mobilen Einsatz geeignet.

4.7

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2 Kommentare

    • was aber bei den günstigen Preisen für die Lötspitzen bzw. Heizkörper beim TS100 verschmerzbar ist und bei meinem Ersa-Lötkolben hält die angebohrte Spitze auch schon viele Jahre.

Kommentare sind geschlossen.