Three-Body Kirchhoff-EQ: ein mächtiges Klangwerkzeug

Vom noch recht unbekannten Plugin-Hersteller Three-Body kommt der höchst interessante und mächtige Equalizer Kirchhoff-EQ. Ich habe ihn mir angesehen und bin erstaunt.
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Equalizer sind wohl das wichtigste Werkzeug im Arsenal bei der Musikproduktion. Natürlich gehören sie zur Grundausstattung einer jeden DAW, doch es gibt hier große Unterschiede, was die Ausstattung und Möglichkeiten betrifft. Three-Body-Tech ist recht neuer Anbieter von Plugins, der in China ansässig ist und sie haben den Kirchhoff-EQ erdacht. Keine Ahnung, wie man auf den Namen gekommen ist. Ich kenne den alten Kirchhoff nur von meiner Elektronik-Ausbildung und da hat er jetzt nicht direkt etwas mit dem Thema zu tun.

Kirchhoff EQ Modelle
DIe verschiedenen Modelle und Filterkurven

Beim ersten Öffnen erkennt der geneigte Plugin-Kenner gewisse Anleihen an den Pro-Q Equalizer von Fabfilter, was ja nicht das schlechteste Vorbild in diesem Bereich ist. Es handelt sich dabei aber keineswegs um eine plumpe Kopie, sondern um ein Plugin mit eigenen Ideen und Funktionen.

Ausstattung

Der Kirchhoff-EQ bietet nicht weniger als 32 Bänder, die alle frei konfigurierbar sind und auf 30 unterschiedliche EQ-Typen und Modelle zugreifen können. Bei den Modellen werden auch bekannte EQs nachempfunden und das Design der Regler lässt schnell erahnen, um welche Hersteller es sich bei den Vorbildern handeln könnte. Man kann etwa SSL, Pultec, Neve aber auch Massenburg Regler erkennen.

Pultec?
Massenburg?

Bei anderen Plugins selten zu finden sind Filtertypen wie Tilt-EQ oder Sword-Filter. Viele Filter haben eine stufenlos einstellbare Flankensteilheit von 96 dB/Okt. Die Shelving-Filter starten bei 6 dB/Okt. Die Filter können zudem mit dem Stereo-Signal, als auch auf Mitten- und Seitenband gelegt werden. Ungewöhnlich dabei ist, dass man im Stereo-Modus das Panorama des Frequenzbandes einstellen kann. Jedes Band verfügt außerdem über eine praktische Vorhören-Funktion, die nur die Bearbeitung dieses EQ-Bands isoliert hörbar macht.

Unterhalb der EQ-Kurven und Einstellungen kann eine Klaviatur eingeblendet werden, auf der man den musikalischen Bezug der Frequenzen nicht nur sehen, sondern auch auswählen kann. Klickt man eine Taster auf der Klaviatur doppelt, wird bei der korrespondierenden Frequenz ein Einstellpunkt angelegt.

Kirchhoff-EQ
Relativer Modus

Hinter einem unscheinbaren D im Einstellungsmenü befindet sich ein extrem mächtiges Werkzeug, welches die Abmessungen der Einstellleiste mehr als verdoppelt. Hier wird aus den einfachen EQ-Bändern ein dynamischer Equalizer. Der Hersteller ist hier nicht um wichtig klingende Begriffe verlegen, so nennt er die Arbeitsweise „Harmonic Shifted Envelope Detection“. Sehr interessant ist dabei der relative Modus. Dabei kann man einen Frequenzbereich einstellen, dessen Energie einen anderen einstellbaren Frequenzbereich zusätzlich im dynamischen Regelverhalten beeinflusst. Die Onset-Einstellung wirkt auf Transienten und man kann damit etwa die Höhen leicht komprimieren, wenn aber starke Transienten in diesem Bereich auftreten, werden die stärker komprimiert, ohne dass das Endergebnis dumpf klingen würde.

Einstellmöglichkeiten

Mit Spectral-Grab holt man einfach eine Frequenz aus dem integrierten Spektrumanalyzer als neues Frequenzband heraus.

In der Praxis und Klang

Der Kirchhoff-EQ bietet eine solche Menge an nützlichen und bislang einmaligen Funktionen, dass man sich natürlich erst einmal ausführlich damit befassen muss. Erfreulich ist der niedrige Ressourcen-Verbrauch, was die CPU angeht. Dieser steigt auch nur unwesentlich, wenn man Double Double (aus dem Three Body Jargon) oder das 2x Oversampling einschaltet, und damit die interne Verarbeitung von 64 bit auf 117 bit umschaltet.

Hilfreich ist auch die eingebaute Gain-Kompensation, welche auch bei extremen Einstellungen immer für den gleichen und damit objektiv bewertbaren Ausgangspegel sorgt.

Sprechen wir über den Klang: Rein subjektiv klingt der Kirchhoff-EQ ganz hervorragend. Im Mastering-Modus extrem sauber und ich konnte kein Aliasing oder Cramping der Bänder feststellen. Um das aber auch objektiv bewerten zu können, ist eine neue Funktion in Reaper extrem hilfreich: Delta Solo. Damit kann man bei jedem Insert den Unterschied zwischen dem Eingangs- und Ausgangssignal hörbar machen und hier fallen solche Feinheiten extrem auf. Der Kirchhoff gibt sich auch im Vergleich zu anderen Plugins – namentlich auch dem Pro-Q von Fabfilter keine Blöße und spielt meiner Ansicht nach in der gleichen Liga, bietet aber das ein oder andere Feature mehr. Auch ein Null-Test zeigt, dass Pro-Q und Kirchhoff-EQ bei nur leichten Anpassungen beim Q-Faktor ein nahezu perfektes Null-Ergebniss liefern oder einfach gesagt: Beide tun das Gleiche und klingen damit auch gleich.

Bei gleichem Q-Faktor, arbeiten die Glockenkurven beim Kirchhoff-EQ etwas breitbandiger, als beim Pro-Q. Das ist übrigens ein häufiges Problem und eine Falle beim Vergleich von Plugins: Gleiche Einstellungen bedeuten noch lange nicht, dass auch beide Plugins Gleiches tun. Erst der Abgleich über einen Null-Test ergibt vergleichbare Ergebnisse. Und wenn ein EQ bei gleichem Q-Faktor breitbandiger arbeitet, wird er oft als „musikalischer“ wahrgenommen, obwohl der Vergleichskandidat vermutlich die gleichen Ergebnisse erzielen könnte, wäre er denn wirklich gleich eingestellt.

Erstaunlich ist auch, dass der Analog-Modus des Kirchhoff und der Natural-Phase-Modus des Pro-Q ebenfalls perfekt nullen. Lediglich der Zero-Latency-Modus des Pro-Q und der Minimum-Modus des Kirchhoff zeigen Unterschiede. Ansonsten könnte man meinen, es wäre der gleiche EQ.

Ebenfalls bemerkenswert ist die Geschwindigkeit, mit der die Entwickler des Kirchhoff-EQ auf Bug-Reports und Anwenderwünsche drüben bei Gearspace reagieren.

Verbesserungspotential

Am Kirchhoff-EQ gibt es wirklich wenig zu kritisieren. Drei Punkte fallen mir aber doch ein: Die Benutzeroberfläche könnte von einer einstellbaren Skalierung profitieren, denn manche Parameter sind gerade auf HDPI-Displays recht klein dargestellt – da nützt auch die Vollbild-Funktion nichts. Dann finde ich die perspektivisch „schräge“ 3D-Darstellung der Regler nicht unbedingt gelungen und nützlich.

Kirchhoff EQ
Kleine Symbole und Darstellung könnte verbessert werden

Beim Spectrum-Analyzer würde ich mich über mehr Einstellmöglichkeiten bei der Darstellung (Farben etc.) und eine überlagernde Darstellung von Mitten- und Seitenband freuen, wie man es von Voxengos SPAN kennt.

Ein weiterer genereller Kritikpunkt trifft den Marketing-Sprech. Da wird schon ein wenig tief in die Marketing-Kiste gegriffen und man versucht mit ungewöhnlichen Begriffen zu beeindrucken, was man gar nicht nötigt hätte – angesichts der Qualität des Plugins. Das ist aber eine kulturelle Sache, die ich auch von meinen chinesischen Kollegen und Kooperationen kenne.

Three-Body Kirchhoff-EQ

Ausstattung
Bedienung
Klang
Preis

Fazit

Der Kirchhoff-EQ ist ein hervorragender Equalizer für alle Einsatzzwecke, der mit vielen Features und neuen Ideen überzeugen kann. Ebenso überzeugen kann sein Klang. Auch wenn es jede Menge EQ-Plugins gibt, sieht man hier, dass es durchaus noch Möglichkeit zur Innovation gibt. Durch seine niedrige CPU-Auslastung kann er auch problemlos auf jeder Spur eingesetzt werden.
Verbesserungspotenzial gibt nur bei der Benutzeroberfläche, die skalierbar sein sollte.

Den Kirchhoff-EQ gibt es als Einführungspreis von derzeit 109,00 Euro z. B. bei Best Service. Damit ist es kein No-Brainer-Schnäppchen, aber sein Geld mehr als wert. Die Demo-Version kann unbegrenzt getestet werden, unterbricht nur alle 30 Sekunden mit 5 Sekunden Stille.

4.5

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