93 Amps, 52 Boxen, 79 Effektpedale und 18 Mikrofonmodelle

Overloud TH-U Premium Plugin – benötigt man mehr Verstärker?

Overloud TH-U ist eine Verstärker-Simulation, die ihresgleichen sucht. Mit der aktuellen Version kamen einige sehr interessante neue Funktionen hinzu.

Ich war Guitar-Modellern gegenüber immer recht aufgeschlossen. Das erste VST-Plugin für Gitarre war wohl ReValver, irgendwann um 2000 herum. Damals war die Möglichkeit Gitarrensounds am Rechner, ganz ohne Amp, Boxen, Mikrofone simulieren zu können faszinierend, jedoch noch weit von dem entfernt, was heute möglich ist.

Overloud ist bei diesem Thema schon lange dabei, hatte aber nie diese Aufmerksamkeit, wie NIs Guitar Rig oder IK Multimedia Amplitube. So bin auch ich erst nach dem Review des GEM Comp LA und beim Test des Slate Digital All Access Pass (hier steht es in einer abgespeckten Version zur Verfügung) wieder auf dieses Plugin aufmerksam geworden.

Unter der übersichtlichen Benutzeroberfläche findet man nicht weniger als 93 Gitarrenverstärker (davon 4 Bassamps), 52 Boxen (mit 2 Bassboxen), 79 Pedale und Effekt Racks sowie 18 Mikrofone. Man hat die Wahl aus über 1000 Presets und jeden Monat kommen neue kostenlose Presets dazu.

Wem das noch nicht genug ist, bekommt mit dem Rig Player zusätzlich komplette Rigs aus Verstärker, Lautsprechern und Effekten dazu. Insgesamt stehen 241 Models zur Verfügung. Aber der Reihe nach:

Aufbau und Ausstattung

TH-U kommt mit einer aufgeräumten und übersichtlichen Oberfläche daher. Auf der linken Seite befinden sich die Presets. Auf der rechten Seite findet man alle Amps, Boxen, Effekte usw.

Alle Komponenten können einfach der Drag and Drop eingefügt oder im Signalweg verschoben werden. Dabei kann der Signalweg in zwei Pfade gesplittet werden, die zum Schluss wieder zusammen gemischt werden. Damit lassen sich sehr interessante Konfigurationen erstellen, in dem man z. B. einen High Gain Sound parallel mit einem cleaneren Crunch-Sound kombiniert, um so mehr Definition uns Durchsetzungskraft zu erhalten. Als Bassist kann man damit auch sehr einfach einen cleanen Weg für den Bassbereich wählen, auf dem anderen Weg Zerrsound und z. B. Modulationseffekte legen, ohne dass der Bassbereich schwammig oder dünn wirkt.

Paralleler Signalweg mit Clean- und Zerrkanal für den Bass

Ein Indikator für den Eingangspegel zeigt an, ob das Signal im optimalen Bereich für den TH-U liegt. Außergewöhnlich gut und nervenschonend, funktioniert das eingebaute Stimmgerät – selbst bei Bässen mit tiefer H-Saite.

Natürlich findet man die üblichen Verdächtigen vom Schlage eines Marshall, Boogie, Fender usw. unter den Modellen. Die heißen zwar etwas anders, aber Darstellung und Namen geben wenig Rätsel auf, um welche Vertreter es sich dabei handelt. Zusätzlich hat Overloud ganz offizielle Modelle von Randall, DVmark, Brunetti und THD autorisiert. Dabei kann man nicht nur auf der Vorderseite der Amps typische Einstellungen vornehmen, sondern auch die Verstärker selbst modifizieren. Das reicht vom Tube-Swapping bis hin zu verminderter Stromversorgung, um damit einen „Sag“ zu produzieren.

Welche Marke wird das wohl sein? Virtuelle Amp-Modifikation

SuperCabinet – der Name ist Programm

Ebenfalls sehr erfreulich ist die Möglichkeit, zu den vielen Lautsprechermodellen, auch eigene Impulsantworten nutzen zu können. Mit der aktuellen Version kommt auch das neue Super Cabinet. Eigentlich bekommt man damit schon fast zusätzlich ein eigenes und sehr mächtiges Werkzeug, um Impuls Responses sehr detailliert nutzen zu können. Overloud hat hier auch eine eigene Technologie im Einsatz, die sich Overloud Fluid Convolution nennt und die deutlich realistischer klingen soll, als einfache IRs und dabei weniger CPU in Anspruch nimmt.

Die normalen Lautsprecher sind schon sehr gut konfigurierbar …

Mit SuperCabinet lassen sich Lautsprecher, Mikrofone, Vorverstärker und Endstufen auswählen. Die Mikrofone können vor den Lautsprechern und im Raum positioniert werden. Wem das nicht genügt, kann 4 unterschiedliche Impulsantworten übereinanderschichten und im Stereobild verteilen. Aber damit nicht genug. Es gibt nicht nur einen Equalizer – mit dem Multiband-Modus kann man das Frequenzband aufteilen und jeden Frequenzbereich einen anderen Lautsprecher zuordnen.

… aber TH-U SuperCabinet ist eine Klasse für sich

Was ich bislang noch bei keinem anderen Plugin entdeckt habe, war ein Mikrofon hinter der Lautsprecherbox. Das ist eine Technik, die relativ unbekannt ist und doch sehr viel Sinn macht, weil sie den Gesamteindruck einer Lautsprecherbox vervollständigt.

Alle Setups, die man mit dem SuperCabinet erzeugt hat, lassen sich übrigens als eigene IRs exportieren, die dann in anderen Anwendungen genutzt werden können. Das ist ebenfalls ein wirklich beeindruckendes Feature. Selbst wenn man „echte“ Verstärker mit einer Loadbox nutzt, ist allein die SuperCabinet-Funktion von TH-U ein großes Argument für TH-U. Man geht ganz still und leise aus seinem physischen Amp in den Rechner, über TH-U und das SuperCabinet und hat einen großartigen Sound, der sich nachträglich noch anpassen lässt. Weitere Lautsprecher und Cabinets gibt es kostenpflichtig. Allesamt lassen sich vor dem Kauf direkt aus der App heraus testen.

SuperCabinet gibt es auch als eigenständiges Plugin für 79,00 Euro und es ist damit eine preiswerte Alternative zu Plugins wie z. B. TwoNotes Torpedo.

RockGuy – Back to the Eighties

Mit dem Rockguy hat Overloud ein ganz neues Modell am Start, denn man hat sich dem legendären Tom Scholz Rockman angenommen und ich habe schon mehrere Stunden mit der Demoversion verbracht. Die Erweiterung gibt es noch kurze Zeit zum Einführungspreis von 29,90 € statt regulär 49,90 €. Auch der Rockman war bei meinen Musikerkollegen im Einsatz und Overloud trifft den Sound zu 100 Prozent! Ich habe mich schlagartig gute 30 Jahre jünger gefühlt!

Rig Player – noch mehr Möglichkeiten

Neben den ganzen Amps und Boxen gibt es auch den Rig Player. Wie der Name vermuten lässt, kann man damit Konfiguration spielen, die von echten kompletten Rigs erfasst wurden. Dabei wurden nicht nur Amp, Box und Mikrofon erfasst, sondern der ganze Raum und der Mic-Preamp. Overloud nennt die Technologie R2M (Rig to Model). Diese Rigs können erweitert werden und Overloud bietet hier jede Menge Rig Libraries an. Ich habe die British- und American-Classics getestet und finde diese Sounds sehr realistisch.

Rig Player

Bassisten freuen sich über angesagte Amps wie Darkglass Microtubes oder Ashdown MAG 300. Alte Säcke wie ich, begeistert der Trace Elliot V-Type, den ich selbst früher im Einsatz hatte und vor vielen Jahren dummerweise verkauft habe. Den Sound hat Overloud hier wirklich beeindruckend eingefangen.

In der Praxis

Nicht nur die Amps und Boxen der aktuellen TH-U Version 1.4 sind erstklassig, sondern auch die vielen Effekte. Modulationen klingen dicht und sehr authentisch. Hall-Effekte basieren auf dem berühmten BREVERB und SpringAge. Auch hier muss ich sagen, dass es die Federhall-Effekte ganz oben mitspielen. Die Amps reagieren sehr dynamisch und die Vielfalt an unterschiedlichen Modellen machen TH-U zur einzigen Lösung, die man wohl benötigt. Aktuell werden die virtuellen Amps von Neuraldsp sehr gehypt. Klanglich halte ich die TH-U Amps jedoch für ebenbürtig und für meinen Geschmack auch für lebendiger.

Die CPU-Belastung ist gering und praktisch alles lässt sich über MIDI-Controller anlernen und steuern. Es bedarf schon einiges an Zeit, bis man sich auch nur annähernd durch alle Amps, Boxen, Effekte und Presets gearbeitet hat. Und dann hat man noch nicht die vielen Rig Libraries angesehen, die man einfach herunterladen und vor dem Kauf testen kann. Das ist vielleicht auch der einzige Nachteil an TH-U, nämlich, dass man unendlich viele Möglichkeiten hat. Mit dem eingebauten Looper, der sich für Ideen oder einfaches jammen anbietet, hat man noch mehr Spaß.

Der Looper

Zudem sollte man bedenken, dass man TH-U nicht nur für Gitarre und Bass einsetzen kann. Viele Amps, Boxen und Effekte eignen sich genau so für Hammond-Sounds, Synthesizer oder gar Gesangseffekte, sodass man hier einen universellen Effekt-Baukasten zur Verfügung hat.

Overloud TH-U Premium Plugin

Ausstattung
Sound
Preisleistung
Erweiterbarkeit
Ressourcenbedarf

Fazit

TH-U Premium ist in der Version 1.4 eine der umfangreichsten Anwendungen, wenn es um die realistische Simulation von Gitarren- und Basssounds geht. Die Bedienung ist einfach und übersichtlich und Auswahl an Sounds riesig. Das SuperCabinet erweitert die enormen Möglichkeiten noch einmal und mit den vielen Rig Libraries und zusätzlichen Modellen, ergibt sich ein fast unüberschaubares Feld an Sounds. Overloud denkt dabei auch an Bassisten, denn auch die finden hier viele sofort einsetzbare Sounds und Modelle.

Am wichtigsten ist jedoch der Klang und hier ist TH-U ganz weit vorne. Ich habe praktischen jeden Modeller schon getestet – sowohl Soft- als auch Hardware und bei keinem war ich durch alle Modelle hindurch so überzeugt. Viele andere Plugins können das Eine oder das Andere richtig gut und schwächeln mittendrin. Nicht so bei TH-U – hier klingen alle Amps und Boxen richtig gut. Ich sehe ihn in einer Linie mit einem Kemper und mit der iOS-Version von TH-U kann man den Modeller ganz einfach unterwegs nutzen und sogar die Presets der Desktop-Version einsetzen.

Volle Punkte und Empfehlung und für derzeit 269,00 Euro schon fast ein No-Brainer.

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2 Kommentare

    • Das ist ein Scherz, oder? Ein Verstärker, der sich „modern“ nennt und ein Riffelblech auf der Frontseite hat, ein orange-farbener Amp oder ein Amp, der sich „SLO“ nennt, sind nicht zu erkennen. Aber lass mich das für dich googlen: https://www.overloud.com/products/th-u#modellist
      Letztlich ist es aber doch auch egal, Hauptsache der Amp klingt. Mit den Ohren hört man deutlich besser, als mit den Augen 😉

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