Von angelehnten Fahrrädern und dem richtigen Moment

Es ist kein Geheimnis, dass ich dem Thema Street-Fotografie etwas skeptisch gegenüber stehe. Ich habe den Eindruck, dass hier auf Teufel komm raus einfach irgendwas in der Hoffnung fotografiert wird, dass auch irgendwann mal etwas Interessantes dabei raus kommt. Der richtige Augenblick lässt sich aber nicht erzwingen ...
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Wie geht es euch dabei? Wenn ich ein Foto von einem angelehnten Fahrrad sehe, bekomme ich mittlerweile wirklich die Krise. Das Web ist voll angelehnter Fahrräder. Bis zum Rand! In schwarzweiß, in unscharf in verwackelt – was wohl den künstlerischen Aspekt noch heben soll, wäre da nicht der Mülleimer im Hintergrund. Aber das ist wohl nur eine Metapher für den Verfall, die ich Crétin wohl wieder nicht verstehe.

Fotografisches Dynamitfischen

Hier in der Oberfränkischen Kleinstadt traut man sich das noch nicht so. Sobald aber mal die 500.000 Einwohner einmal überschritten sind kommen sie aus ihren Löchern – die Überalldraufhalter. In den letzten Jahren war ich häufig in Nürnberg und da waren sie: die Streetfotografen. Massenhaft. Immer irgendwo zwischen Scheu abzudrücken, der Angst in Diskussionen verwickelt zu werden und der Gier nach irgendwas Verwertbarem. Bloß nicht mit leerer Speicherkarte nach Hause kommen. Streetfotografie ist für mich mittlerweile sowas wie das Dynamitfischen unter den fotografischen Disziplinen.

Liebe

Ganze Serien von Trivialitäten werden da schwarzweiß-konvertiert gepostet und mit bedeutungsschwangeren Titeln versehen. Die Faszination daran für mich ist meistens, wie ungläubig ich auf diese Bilder starre und trotz guter Vorsätze einfach keinen Sinn oder gar Inhalt entdecken kann. Vermutlich hat der Künstler genau dann sein Ziel erreicht, wenn es der Normalo nicht kapiert und sich fragt: „Was soll das?“ Ich weiß es nicht!

Fotografie ist überall

Fotografie ist überall. Nahezu jeder von uns trägt in seinem Smartphone eine bessere Kamera mit sich herum als die, mit denen die berühmten Fotos der Streetfotografie gemacht wurden. In einer Zeit wo nur sehr wenige Menschen mit einer Kamera unterwegs waren und dann noch einen besonderen Moment einfangen konnten, war ein solches Foto eine Sensation.

In einer Zeit, in der schon beinahe nichts mehr unfotografiert bleibt, haben nur noch die herausragenden, ungewöhnlichen und wirklich zufälligen Fotos eine Chance. Es bringt doch nichts, auf alles draufzuhalten, was irgendwie mal was hergeben könnte – und wenn man mit Photoshop nachhilft.

Abschied

Weil man die Belichtungskorrektur an der Kamera bedienen kann, wird aus der Straßenbahn kein Kunstwerk, nur weil sie jetzt nur noch als Silhouette zu erkennen ist und ein uninteressanter Inhalt wird nicht dadurch interessanter, weil es unscharf ist.

Das richtige Bild kommt zu dir

Das „richtige“ Bild kommt von selbst. Direkt zu dir. Wenn man gar nicht damit rechnet. Und soll man es fotografieren, hat man auch eine Kamera dabei. Man muss dazu nicht ständig wie ein Großwildjäger durch die Stadt schleichen, denn dann verjagt man den besonderen Augenblick vielleicht.

Die meisten Lottogewinner waren oft auch keine Dauerspieler und mancher hat nur einen Schein abgegeben und gewonnen. Wenn du das richtige Foto machen sollst, dann machst du es. Erzwingen kann man es auch durch Massenproduktion nicht.

Die beiden Fotos habe ich auf meiner Reise zur photokina 2012 zufällig mit dem Handy fotografiert und der Inhalt wurde mir erst daheim am Rechner klar. Eigentlich wollte ich die Anzeigetafel für eine Statusupdate an meine Freundin fotografieren. Zufall eben, aber ganz gewiss auch keine große Streetfotografie!

PS: Ich habe den Fotos jetzt auch mal wirklich „bedeutende“ Titel geben. So!

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8 Kommentare

  1. So wie Dich die Pseudo-Künstler nerven, stören mich die Geeks, die zuerst mit dem Lot die Senkrechte nachmessen und bei einer 0,5 Grad Abweichung ein Bild als „Müll“ bezeichnen – wegen der fehlenden Ausrichtung. Und wehe das Histogramm ist nicht bis an die Ränder ausgereizt… Diese Leute glauben, ein technisch perfektes Bild gehört automatisch in eine Galerie.
    Das Problem ist wohl eher die Bilderflut in allen Bereichen, als die Streetfotografie als solche. Gute Streetfotografie transportiert Emotionen wie keine andere Disziplin – spontan, umgestellt, echt.

  2. Deine Aussagen gelten nicht nur für das, was auf der Straße fotografiert wird, sondern ist wohl überall in der Fotografie festzustellen. Das Foto als Massenprodukt, Technik suggeriert jedem mit ner Knipse in der Hand, er sei nun Künstler. Das macht es dem Fotografen mit Anspruch schwierig. Aber Qualität setzt sich letztendlich durch.
    LG und danke für den guten. Artikel,
    Werner

  3. Wunderbarer Artikel!Trifft es wie die Faust aufs Auge! 😀
    Ich weis schon, warum ich mich nicht an Streetfotografie probiere. Ich hab damit nie Glück xD

    Dunkle Grüße,
    Gina

  4. Volltreffer! Habe in letzter Zeit selten einen Artikel gelesen, der mir mehr aus der Seele gesprochen hat als dieser!

    Viele Grüsse,
    Thomas

  5. Köstlich! Kritik an Fotos ist ohnehin nicht erwünscht. Außer wenn sie gut ist natürlich 🙂

    Diese beiden Fotos erzählen wenigstens wirklich eine Geschichte. Darauf legen ja immer alle Wert. Mir gefällt das!

Kommentare sind geschlossen.