Instagram – oder warum mich Fotografie oft langweilt

Seit es die Foto-App Instagram auch für Android gibt, geht ein Aufschrei durch die Welt der iPhone Anhänger. (Hoffentlich) nicht ganz ernst gemeint, liest man Aussagen wie "Wer Instagram für Android benutzt, soll mir bitte nicht folgen!" und so weiter. Inwiefern diese Sprüche lustig sind, oder vielleicht sogar einen Funken pseudoelitären Denkens in sich bergen, sei dahingestellt. Interessant ist jedoch, dass heutzutage jeder ein einigermaßen interessantes Foto produzieren kann - ob er will oder nicht!
Bitte beachte: Dieser Beitrag ist mehr als 3 Jahre alt. Manche Links, Preise, Produkte und Aussagen sind vielleicht nicht mehr aktuell!

Mit Instagram zu fotografieren ist ganz sicher keine Kunst: Einfach einen belanglosen Schnappschuss machen, einen der Instagram-Filter drüberbügeln und ab damit ins Netz. Die Polaroid-Optik im quadratischen Zuschnitt hat irgendwas und macht aus einem belanglosen Pixelhaufen etwas, das irgendwie anders aussieht. Allerdings millionenfach. Hätte ein Fotograf vor einigen Jahren konsequent auf diese Optik als Stilmittel gesetzt, wäre er damit eventuell bekannt geworden.

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Fotografie ist keine Kunst

Machen wir uns nichts vor: Heute kann jeder ein gutes Foto machen. Die aktuellen Kameras machen es beinahe schon unmöglich, technische Fehler bei der Aufnahme zu machen. Aus diesem Grund ist wohl der Trend zur analogen Fotografie so stark: Man möchte wieder Fehler machen können und will vom Ergebnis überrascht werden. Aber noch viel wichtiger ist: Mit einem analogen Foto setzt man sich vom digitalen Pöbel ab.

Da kann man über Ilford Filme fachsimpeln, die man nur schwer bekommt. Da kauft man die analoge Mittelformat, weil man sich damit noch mehr vom Kleinbildfotografen absetzt und plätschert genüsslich im Entwicklerbad. Das Ergebnis sind meistens ebenso belanglose Fotos wie in der digitalen Bilderwelt,  dafür sind sie aber falsch belichtet, unscharf, körnig und genau deshalb irgendwie interessanter – fast so wie bei Instagram.

Diese Fotos werden dann mit Filmscannern wieder in die digitale Welt befördert, weil man sie ja trotzdem jedem aufs Auge drücken und zeigen möchte, dass man sich vom Mainstream der Digitalfotografen befreit hat.

Sind wir mal ehrlich: Fotografie ist heutzutage deshalb so beliebt, weil es jeder kann! Es ist günstig und man kann mit recht wenig Können auch mal eine Anerkennung im Netz erhaschen. Wir lernen aus Myriaden von Fotos in Fotocommunities, bei Flickr, Facebook & Co., wie ein technisch gutes und gut aufgebautes Foto auszusehen hat. Wir haben gelernt mit Goldenen Schnitten, Linienführung, Lichtaufbau, Langzeitbelichtung und Photoshop umzugehen, wobei ohne letzteren viele Fotos komplett verloren wären.

Fotobücher

Eine riesige Auswahl an Fotobüchern erklärt uns, wie man ein Foto macht, und fast wöchentlich kommen neue  Titel hinzu. Oft sind es Rezepte, die sich kaum von der Montageanleitung für ein Billy-Regal unterscheiden: Sie benötigen …, zuerst müssen Sie …, bitte beachten Sie … fertig!

Gesättigt von so viel Perfektion stürzen wir uns auf analoge Fotografie und Fotoaufhübscher wie Instagram, da ein technisch gutes Foto langweilig geworden ist.

Während man ein Instrument viele Jahre lernen muss, um hier etwas hörbares hervorzubringen, liefert die Kamera sofortigen kreativen Erfolg – auch für den weniger kreativen Menschen.

Streetphotography – es muss doch irgendwo ein Motiv geben

Aus der kreativen Ratlosigkeit heraus treiben sich selbst in Kleinstädten täglich Dutzende von Fotografen auf der Straße herum, um zwanghaft ein künstlerisch interessantes Fotos zu schießen. Hier werden arglose Passanten abgelichtet, angekettete Fahrräder an maroden Hausmauern ins Visier genommen oder vorbeifahrende Autos mit viel Bewegungsunschärfe fotografiert – vorzugsweise in Schwarzweiß.

Der Straßenfotograf

Eine alte Frau, die eine Straße hinabgeht, von hinten zu fotografieren, macht nur selten ein interessantes Foto, da kann man es noch so lange in Lightroom S/W konvertieren, den Kontrast erhöhen und Körnung hinzufügen, oder gar mit einer Messsucherkamera fotografieren.

Viele Personen fühlen sich durch die Fotos aus dem Hinterhalt einfach belästigt, und da muss ich ihnen auch Recht geben. Auf der Jagt nach einem Foto – irgendeinem Foto – ist mittlerweile aber scheinbar alles zulässig.

Fotos sind ein Massenprodukt ohne Wert

Der Wert eines Fotos liegt nur noch im eigenen Empfinden dafür. Birgt es Erinnerungen, hat es einen Wert. Dabei muss diese Erinnerung noch nicht einmal im Bild festgehalten sein. Wir sehen eines unserer Fotos und erinnern uns vielleicht an den Ort und die Umstände. unter denen es gemacht. Diese Gedanken sind dabei oft wertvoller als der eigentliche Bildinhalt.

Die Flut der Bilder. die auch mich jeden Tag überrollt, wenn ich meinen Feedreader anwerfe, führt dazu, dass ich wirklich nur noch sehr selten Fotos als interessant wahrnehme. Alles war schon da, alles folgt einem kurzen Trend, nichts bleibt wirklich hängen. Man erkennt die Fotos, die auf Biegen und Brechen interessant und ambitioniert sein wollen.

Versteht mich bitte nicht falsch: Ich fotografiere gern. Ich respektiere die Arbeiten anderer Fotografen. Ich bin mittlerweile aber auch sehr gelangweilt von der täglichen Bilderflut. Es gibt nur selten Fotos, die mich verweilen lassen und die mich, wie im Fall des „Tütü-Projekts“, das ich beim Blognachbarn Martin entdeckt habe, sogar zum Lachen bringen und neugierig machen.

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17 Kommentare

  1. Grundsätzlich hast du Recht. Ich denke, es ist mittlerweile unglaublich schwer geworden ein schlechtes Foto zu machen, es ist nicht mehr möglich überhaupt noch falsch zu belichten, die Kamera macht alles. Dennoch gehört in manchen Bereichen, z.B. bei der Sportfotografie dennoch Können dazu. Aber auch das kann ein Laie natürlich lernen.

    Dennoch, das verurteilen der Straßenfotografen gefällt mir nicht, es ist natürlich erstmal frech dass die Jungs(und Mädels) einfach Menschen fotografieren, natürlich ohne zu fragen und natürlich verschwinden diese einfach wieder und laden das Bild dann klammheimlich in die Communitys dieser Welt hoch. Aber es gibt uns eins: Es zeigt den aktuellen Zustand unserer Welt. Es hält den Moment der Menschen fest und zeigt wie wir leben. Das ist für uns jetzt grade natürlich unglaublich unspannend. Aber was soll ich denn meinen Enkelkindern denn mal zeigen? 1000 Instagram Bilder von Blumen, Essen und Sonnenschein Bildern? Nein, ich will zeigen wie wir ausgesehen haben und wie die Menschen in unserer Umgebung so unterwegs waren. Das, ja das macht diese ach so freche Streetfotografie. Eigentlich. Und im Grunde gab es das ganze schon immer. Nur damals hat man einfach mehr Fotos von den Menschen gemacht und nicht nur von dem Essen. Damals. Jetzt in der Paranoiden Datenschutz Welt ist sowas schon fast verpönt.

  2. sehr provokativ, der herr… 🙂 natürlich kann fotografie kunst sein. ob kunst oder nicht entscheidet letztendlich nur dies: was löst es im betrachter aus? so wie in jeder kunstform geht es nicht um technik, sogar nicht einmal um ausdruck sondern allein um die wirkung auf den betrachter. stell dir mal die frage: warum gibt es menschen, die fotografien aufhängen, sie sogar kaufen, auch wenn der künstler unbekannt ist? genau: weil es ihnen gut tut. gute bilder lösen etwas aus, täglich. vielleicht nicht immer dasselbe, aber doch immer etwas, was den betrachter berührt. die aufgabe jeglicher kunst ist es, den menschen mit etwas in kontakt zu bringen, das ihm im alltag fast immer fehlt. wenn eine fotografie dies kann, ist sie kunst.

  3. sehr provokativ, der herr… 🙂 natürlich kann fotografie kunst sein. ob kunst oder nicht entscheidet letztendlich nur dies: was löst es im betrachter aus? so wie in jeder kunstform geht es nicht um technik, sogar nicht einmal um ausdruck sondern allein um die wirkung auf den betrachter. stell dir mal die frage: warum gibt es menschen, die fotografien aufhängen, sie sogar kaufen, auch wenn der künstler unbekannt ist? genau: weil es ihnen gut tut. gute bilder lösen etwas aus, täglich. vielleicht nicht immer dasselbe, aber doch immer etwas, was den betrachter berührt. die aufgabe jeglicher kunst ist es, den menschen mit etwas in kontakt zu bringen, das ihm im alltag fast immer fehlt. wenn eine fotografie dies kann, ist sie kunst.

  4. und unter dem Beitrag eine Werbeanzeige „Fotografie für Dummies“

      • Ja, ja das sagen sie alle 😉 Aber irgendwie hat Hans da natürlich recht.
        Während ich mittels Scanner gerade einen Mittelformat-Film „in die digitale Welt befördere“… *grins*

  5. klingt irgendwie als ob der, der selbst glaubt fotografieren zu können, beleidigt ist darüber dass das jetzt vielen anderen auch gelingt, dass es vielen anderen nun auch möglich wurde, weil die preisliche und technische Hürde immer geringer wird.

    • Nein, so ist es nicht, sonst würde ich hier sicher nicht seit Jahren Tipps geben. Vermutlich regt es mich nur auf, dass man nur noch von ambitionierten Fotografen umgeben ist und eben genau das langweilig ist. Beim Kochen verhält sich das aber schon fast ähnlich: Seit es die ganzen Kochsendungen gibt, ist auf einmal jeder ein Spitzenkoch, auch wenn er 20 Jahre lang nur Dosenravioli aufgewärmt hat.

      Jeder entdeckt jetzt die große Leidenschaft zur Fotografie und „drückt sich damit aus“ – aus einem einfachen Grund: Es ist einfach! Warum spielt nicht auf einmal jeder Zweite Klavier oder Gitarre? Weil es nicht einfach ist!

      • Wieso gibst Du seit Jahren Tipps, wenn Fotografie so einfach ist? Mit Verlaub, ein ansehnliches Bild zu produzieren, ist auch heute noch nicht einfach. Die Ausrüstung ist preiswerter als früher, die Technik verbreiteter – und von den vielen ambitionierten Fotografen werden sicher auch viele die Lust verlieren, eben weil es nicht so einfach ist wie es aussieht. So ist es mit Hypes, die kommen und gehen.

        • Weil es durch diese ganzen Tipps sehr einfach geworden ist! Und es wird sicher nicht weniger werden, sondern immer mehr werden! Fotografie ist in der Masse (sprichwörtlich) angekommen und das ist auch gut so und es wird bestimmt nicht weniger werden.

  6. Ich denke, ein Foto sollte eine Geschichte erzählen oder eine erzählte Geschichte ergänzen. Einigen Fotografen gelingt das sogar im Alltäglichen, mit angeketteten Fahrrädern an einer maroden Hausmauer. Manche Bilder transportieren Emotionen, andere nicht. Am Ende entscheidet der Blick des Betrachters – das Weizenfeld mit Mohnblume von van Gogh weckt sicherlich auch nicht in jedem Gefühle, in mir schon. Viele Bilder sind für mich völlig belanglos, andere bedeuten mir etwas, weil sie mich an eine Situation, eine bestimmte Atmosphäre oder eben ein Gefühl erinnern. Mag sein, dass sich die Zahl an (für mich) unbedeutenden Bildern erhöht hat, gleichzeitig hat sich aber auch die Zahl an bewegenden Bildern erhöht. Und wenn mich eins davon nur für eine Minute woandershin bringt oder mir einen Aspekt offenbart, an den ich vorher nie gedacht habe, dann war dieses Bild die Flut des Restes wert.

  7. Ja, da ist schon was dran. Zum Teil fühle ich mich tatsächlich sogar ein bischen ertappt… Aber letztendlich fotografiere ich, weil es mir einfach Spass macht. Und ja, auch ich fotografiere gerne analog (sogar Mittelformat!) und meistens kommt dabei keine große Kunst heraus. Aber: Es mach mir Spass und deswegen hält sich mein schlechtes Gewissen in Grenzen 😉

    • Und das sollst du natürlich auch: Spaß haben und es muss eben nicht immer die große Kunst sein!
      Das Lustige daran ist ja, dass mich manches Instagram Foto mehr begeistern kann, als irgendwas vermeintlich hochtrabendes aus der analogen Mittelformat. Gerade die, die vollkommen arg- und ahnungslos an die Sache rangehen, machen oft die interessantesten Bilder.

  8. Ich schreibe meinen Blog eigentlich nur für mich und ja klar veröffentliche ich Bilder aber meistens mit dem hintergrund, dass ich mich später an die Situationen und Erlebnisse erinnern möchte und ich blättere gern durch, ich würde keinen Anspruch erheben, dass es Kunst ist. Nur weil nicht jedes Foto ein Kunstwerk ist, womit ich dir recht gebe, blättere ich teilweise sehr gerne durch andere Fotos. Ein bisschen wegträumen aus dem Alltag in dem man gerade ist 🙂

  9. Recht hast du wohl! Es gibt immer einen Zustand oder eine Überzeugung, von der man auf andere „hinabschaut“. Irgendwann scheint man oben angekommen zu sein und dann wird es langweilig. Was man dagegen machen kann… man weiß es (nicht).

    • Hm, ich fühle mich überhaupt nicht oben angekommen, weshalb ich wohl auch nur ganz selten Bilder veröffentliche da ich der Meinung bin, dass diese für viele sehr uninteressant sein dürften.

Kommentare sind geschlossen.